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Beseelte Meisterwerke in Perfektion

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Leutkirch / sz - Die Fachpresse bezeichnet ihn als den renommiertesten deutschen Pianisten: Lars Vogt, Jahrgang 1970, hat die diesjährige Klassikreihe am Sonntagabend vor zahlreichen Zuhörern eröffnet.

Ein erlesenes Programm begeisterte vom ersten bis zum letzten Ton. Außergewöhnlich die Auswahl insofern, als dass zweimal Arnold Schönbergs „Sechs kleine Klavierstücke op. 19“ jeweils den Türöffner zu den darauf folgenden Werken bildeten. Wegen ihrer außergewöhnlichen Kürze gelangten sie zu ihrer Berühmtheit. In den einzelnen Sätzen, von denen mit 18 Takten der erste der längste ist, verdichtet sich der musikalische Ausdruck. Das stetige Verlöschen und Verstummen der Musik gestaltete der sensible Pianist auf eindrucksvolle Art und Weise.

Sonate stammt aus dem Jahr 1828

Auf Atonalität basierend, leitete die Musik über in die weiteren Werke: Im ersten Teil zunächst Franz Schuberts „Sonate c-Moll D 958“. Schubert kannte die Beethoven-Sonaten fast ausnahmslos und übernahm von ihm die Möglichkeit, Persönlichstes anzusprechen. Die zu Gehör gebrachte Sonate stammt aus dem Jahr 1828, dem Todesjahr des Komponisten und kann somit viel von der Tragik dieser Lebenssituation erzählen.

Ein abrupter Fortissimo-Klang eröffnete. Energetisch aufgeladen war die Spielweise des Pianisten. Insgesamt frappierend war, wie Vogt durch seine fein ziselierte Spielweise Schubert interpretierte. Kleinste Nuancen in der Agogik erzielten eine ungeheuere Wirkung, deren Dichte man sich nicht entziehen konnte.

Der zweite, anfangs hymnisch angelegte Satz mit der Tempobezeichnung Adagio schwebte sphärisch. Im Menuetto bäumte sich die Spannung auf, flachte danach, beinahe im selben Augenblick, wieder ab. Die außergewöhnliche Virtuosität im Allegro strotzte vor Lebendigkeit und Kraft.

Bei Ludwig van Beethovens „Sonate op.111“, folgten einer langsamen, von Dramatik geprägten Einleitung leidenschaftlich gestaltete Tonfolgen. Immer wieder tauchten Fugenelemente auf. Vogts Spiel klang wie aus einer anderen Welt. Im zweiten Satz setzte sich das zunächst eher gesangliche Thema in immer wallenderer Bewegung fort.

Modern mutete die punktierte Musik an. Jede Phrase stand musikalisch durchdacht im Raum, dabei aber nie gekünstelt oder gar überzogen wirkend. Selbst kleinste Motive, sowohl in der rechten wie auch in der linken Hand, wurden durch das virtuose Spiel zelebriert. Lange Trillerketten gegen Schluss lösten sich förmlich vom normalen Klavierklang und waren kaum zu überbieten an Aufgeladenheit.

Tiefe Musikalität

Grandios, dieser Klavierabend in der Leutkircher Festhalle und die dem geneigten Publikum gebotene tiefe Musikalität. Die Konzertreihe kann sich glücklich schätzen, eine Kapazität wie Lars Vogt gewonnen zu haben.

Als der letzte Ton verklungen war, herrschte zunächst tiefes Schweigen. So gerührt und beseelt waren die Zuhörer, dass der begeisternde Applaus erst danach erschallte und ein beseeltes „Nocturne“ von Frederic Chopin den Abend beschloss.


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