Leutkirch / khs - Keine leichte Aufgabe hatte der Direktor des Amtsgerichts, Franz Hölzle, am Dienstagnachmittag zu lösen: Nach einem in seiner Lesart „äußerst merkwürdigen Verfahren“ ist er nach fast vierstündiger Verhandlung den Plädoyers von Staatsanwältin und Verteidiger gefolgt und sprach einen 42-jährigen Albaner „in dubio pro reo“ von allen Anklagepunkten frei. Auch nach der Einvernahme von zehn Zeugen konnten letztendlich Zweifel nicht beseitigt werden.
Was war das Außergewöhnliche in diesem Fall? Angeklagt wurde der aus dem Kosovo Stammende wegen „Verweigerung, Angaben zu machen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie Parken ohne Parkscheibe und widerrechtliches Wegwerfen von Abfällen“.
Dieser stritt aber alle Punkte ab, denn „er sei zur Tatzeit am 9. Januar um 10 Uhr noch im Bett gelegen“. Er könne daher nicht vergessen haben, auf dem Arkaden-Parkplatz die Parkscheibe anzubringen. Sein 22-jähriger Sohn sei es gewesen, der ja am gleichen Tag, nach einer Beschwerde im Ordnungsamt, dies bei der Polizei eingeräumt und zugleich Anzeige gegen den Gemeindevollzugsbeamten wegen „Nötigung und Erpressung“ erstattet habe. Dagegen waren sich aber die Beamten einig und sicher, dass nicht der Sohn, sondern sein Vater am Steuer gesessen hatte. Eine Verwechslung der beiden sei dagegen aufgrund ihres sehr unterschiedlichen Aussehens so gut wie auszuschließen. Die Einvernahme der Zeugen brachte letztendlich kein „Licht ins Dunkel“: So legten sich die vom Vollzugsbeamten Benannten nicht eindeutig fest, wer der Fahrer war, während die Familienangehörigen und Freunde des Angeklagten in verblüffender Übereinstimmung die Version des Sohnes in seiner „Opferrolle“ bestätigten.
Freispruch lässt Fragen offen
Also Aussagen gegen Aussagen, die die Staatsanwältin und das Gericht schließlich davon überzeugten, dass die Schuld des Vaters „nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt ist“.
Deshalb fiel letztlich „im Zweifel für den Angeklagten“ der Freispruch, der allerdings noch manche Fragen offen lässt: Wie sind Zeugenaussagen von Angehörigen zu gewichten, wie sieht es mit dem Erinnerungsvermögen von Befragten nach über neun Monaten aus, und können sich Beamte so irren, obwohl sie beide dem Täter doch sehr nahe kamen?
Der Prozess wird nun mit dem geständigen Sohn fortgesetzt.