Leutkirch / sce - Georg Hegele ist Sammler, leidenschaftlicher Sammler sogar. Fotos, Musik(kassetten), Steine, Abzeichen, Dokumente – kaum etwas, das den 84-Jährigen aus Rungatshofen bei Frauenzell nicht interessiert. Fein säuberlich heftet alles ab, was er wichtig für die Ortsgeschichte hält, mit einem Griff hat er Unterlagen aus längst vergangenen Zeiten parat. Auch, was den Ersten Weltkrieg und die Beteiligung von Allgäuer und Württemberger Soldaten betrifft.
„Das ist unbändig interessant für Allgäuer“, sagt Georg Hegele und zeigt auf einen grauen Pappkarton. Darin stapeln sich gelblich-verblichene Hefte mit Frakturschrift-Titeln: „Allgäuer Kriegschronik“. Berichtet wird darin lückenlos über das Kriegsgeschehen. Frontverläufe, Stellungskämpfe, Landgewinne, Verluste unter den Soldaten sind die Themen. Auf der Rückseite innen jeweils Namenslisten: „Die Kriegsteilnehmer aus dem Allgäu“.
Allgäu blieb nicht verschont
Das grausame Geschehen von vor 100 Jahren hat auch das Allgäu nicht verschont, Namen geben der Geschichte ein Gesicht. Georg Hegele ist stolz: „Ich habe alle Ausgaben, komplett von 1914 bis 1917“, sagt er. „Danach wurden die Hefte eingestellt, weil es kein Papier mehr gab.“
Dann muss er seine Armmuskeln ordentlich anstrengen. Aus den Tiefen einer Kommode fördert Hegele ein schwergewichtiges Werk zutage: Grüner Leineneinband, goldene Buchstaben, 768 Seiten im DIN-A-4-Format: „Die Württemberger im Weltkrieg“ von General Otto von Moser. 1927 erschienen, besteht das eindrucksvolle Werk aus einem ersten Teil namens Geschichtsbuch und dem Volks- und Erinnerungsbuch als zweitem Teil. Den Württembergern floss auch „von der Heimat innere und äußere Stärkung in reichem Maße zu. Den Württembergern in erster Linie von ihrem Landes- und Kriegsherrn. König Wilhelm hatte sich schon im August tief bewegt von seinen Truppen überall da persönlich verabschiedet, wo dies möglich gewesen war, und der hatte sie mit einem wahrhaft königlichen Aufrufe hinausbegleitet ins Feld.“
So beschreibt Otto von Moser im pathetischen Stil der Zeit die offensichtliche Kriegsbegeisterung. Was folgt, sind minutiöse Schilderungen von Mobilmachung und Ausmarsch, vom Schlachtgeschehen an sämtlichen Schauplätzen dieser vier Jahre in ganz Europa, von Regimentern, Divisionen und Generälen.
A propos Generäle: Otto von Moser, 1860 in Stuttgart geboren, hat über den ersten Weltkrieg nicht nur geschrieben, sondern ihn auch selbst an den verschiedensten Fronten erlebt. Zunächst kommandierte er die 53. Infanterie-Brigade in Ulm, in der auch der spätere Generalfeldmarschall Erwin Rommel diente. Später kämpfte er an der West-, dann als Generalleutnant an der Ostfront und wurde 1917 zum Kommandierenden General des XIV. Reserve-Korps ernannt.
General Moser lebte in Isny
Und zumindest in Isny hat der Mann bis heute seine Spuren hinterlassen. Dort wird mit dem General-Moser-Weg an dem Umstand erinnert, dass von Moser zusammen mit seiner Frau nach dem Krieg bis zu seinem Tod 1931 in der Stadt lebte, und zwar auf dem Landgut Ludwigshöhe, das seine Frau geerbt hatte. In diesen Isnyer Jahren veröffentlichte er eine ganze Reihe von militärhistorischen Büchern, darunter eben auch „Die Württemberger im Weltkrieg“. Das Honorar dieses Werks floss in seine Stiftung in Isny, die soziale Zwecke verfolgte, von Moser wurde zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.