Leutkirch / win - Forschen ist sein Hobby. Seit mehr als 44 Jahren ist Johannes Stör aus Unterzeil seinen Vorfahren auf der Spur. „Es ist schön, wenn man das Leben der Leute, mit denen man verwandt ist, in Erinnerung behalten kann“, sagt er.
Angefangen hatte alles mit seinem Patenonkel, dem Altmetzgermeister Paul Stör. „Er hat mir immer von früher erzählt“, erinnert sich Stör. „Je weiter die Ereignisse aber zurücklagen, desto wässeriger wurden die Erzählungen.“ Das machte Stör neugierig. So begann der damals 18-Jährige seiner Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. Er stöberte in Archiven, unterhielt sich mit Zeitzeugen, las Einführungsbücher in die Familienforschung und suchte sich einen Lehrmeister, wie es Stör nennt.
Lehrmeister Emil Vogler
„Der spätere Leutkircher Ehrenbürger Emil Vogler nahm mich als Schützling auf und gab mir die Grundausbildung“, sagt Stör. Das Problem: Er konnte die Schrift nicht lesen. „Mit einfacher Literatur habe ich mir dann die alten Schriften selbst beigebracht“, so Stör weiter.
Er erklärt: „Neben der klassischen Ahnenforschung gibt es die Stammbaumforschung und die Nachkommenforschung.“ Das Ziel: „Die Familienforschung soll helfen, herauszufinden, was früher war.“ Dabei gebe es irrsinnige Ahnengleichheiten. So habe er selbst beispielsweise Ahnengleichheit mit Richard Wagner.
Stör interessiert sich besonders für die Ahnenforschung. Fragen wie die Herkunft der Familienmitglieder gilt es dabei zu beantworten. Aus diesem Grund hat der Genealoge 1984 die Familiengeschichte des Leutkircher Geschlechts Stör in einem Buch zusammengefasst. 13 Jahre habe er daran gearbeitet – und einiges herausgefunden.
Bis nach Amerika
So wanderten einige von Störs Vorfahren nach Zürich, Basel, Genf, Venedig, Paris, Lyon und sogar nach Amerika aus. „Ahnenforschung ist Puzzlearbeit“, sagt Stör. Mühevoll wälzte er für die Familienchronik Vereinsakten, forderte beim Hauptpostamt in Stuttgart Telefonbücher aus ganz Europa an, um die Stör-Familien anzuschreiben. „Es ist ein zeitintensives Hobby“, gibt Stör zu.
Um Ahnenforschung zu betreiben, rät er: Zu Beginn sollten Familienmitglieder wie Großeltern oder Urgroßeltern befragt werden. Kirchenarchive beherbergten Tauf- und Sterbebücher, die ebenfalls weiterhelfen können. „Die sind heutzutage meistens zentralisiert bei der Landeskirche oder in den Diözesanarchiven“, fährt er fort.
Neben Gesprächen mit vielen Leuten helfe außerdem das Lesen, um den Dingen auf den Grund zu gehen. „Es ist schön, wenn man weiß, was die Großeltern früher gemacht haben. Wo sie gelebt haben, was sie gearbeitet haben“, sagt Stör.
Arbeitskreis gegründet
Weil er Gleichgesinnten eine Plattform zum Austausch bieten wollte, gründete Stör 1991 den Arbeitskreis Familienkunde Württembergisches Allgäu. Er setzte einen Brief mit seiner Schreibmaschine auf und kontaktierte Forscher, die er im Mitgliederverzeichnis des Vereins für Familien- und Wappenkunde in Württemberg und Baden und im Bayerischen Landesverein für Familienkunde fand.
Sieben Leute kamen schließlich zum ersten Treffen am 13. Dezember 1991. „Wir haben uns damals in unserer Küche in Unterzeil getroffen“, erinnert sich Stör. Seine Frau Marieluise verpflegte die Gäste mit Kaffee und Kuchen. „Es wurden dann aber immer mehr. Am Schluss waren wir etwa 20“, fährt Stör fort. Bis aus Bad Tölz, Stuttgart, Lindau und Vorarlberg kamen die Teilnehmer.
Kontakte knüpfen
Die Volkshochschule habe schließlich die Trägerschaft des Arbeitskreises übernommen und einen Raum im Torhaus zur Verfügung gestellt. Drei oder vier Mal im halben Jahr finden die Treffen statt. „Wir möchten durch den Arbeitskreis Kontakte pflegen und knüpfen, Daten und Erfahrungen austauschen und uns gegenseitig unterstützen“, sagt Stör.
Dabei habe der Arbeitskreis bereits viele Leute weitergebracht und ihnen geholfen – zum Beispiel bei Namensdeutungen, beim Urkundenlesen oder mit Archivwissen. Jedes Treffen habe ein Thema, das etwa eine Stunde lang aufgegriffen wird. Danach folge ein offenes Gespräch. „Manche zeigen dort ihre meterlangen Stammbäume oder berichten über Familientreffen“, sagt Stör.
Dokumente digitalisieren
Außerdem mache der Arbeitskreis Projekte. So werden Dokumente digitalisiert oder Namensregister erstellt. Auch Anfragen vom Stadtarchiv oder von Bürgern müssten immer wieder beantwortet werden.
Und auch wenn Stör mittlerweile intensiver die Geschichtsforschung betreibt, gibt er die Ahnenforschung sicher nicht auf. „Es gibt immer noch weiße Flecken, die nicht erforscht sind“, sagt er. Denn Zahlen und Daten seien das Gerippe, wie und wo der Ahne gelebt hat, das Fleisch. „Erst dadurch kann er wieder leben.“