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Ohne EGK drohen Privatrechnungen

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Leutkirch / sz - Die alte Krankenkassenkarte hat ausgedient. Seit 1. Januar 2015 brauchen Patienten offiziell die neue elektronische Gesundheitskarte mit Bild (EGK). Die alten Karten ohne Bild können zwar noch benutzt werden, spätestens zum Quartalende drohen diesen Patienten jedoch Privatrechnungen. Ärzte dürfen Patienten mit alter Karte nicht mehr bei den Krankenkassen abrechnen.

Anita Oelhaf, Arzthelferin in der Allgemeinmedizinischen Praxis von Carlo Rabuffetti, seufzt: "Alleine heute hatte ich schon vier Patienten ohne neue Karte. So geht das nicht weiter." Obwohl die Übergangsfrist mehrere Jahre betrug, gibt es immer noch Patienten, die mit einer alten Versicherungskarte zum Arzt gehen. Positivere Erfahrungen hat Urologe Michael Peter gemacht: "In unserer Praxis sind es sehr wenige, die noch die alte Karte haben. Meist liegt es daran, dass die Patienten sie einfach noch nicht umgetauscht haben."

Mehr Aufwand für die Praxen

Während sich Kritiker und Befürworter noch über Datenschutz streiten und der Staat damit Politik betreibt, bedeutet es im Alltag einer Praxis vor allem eines: mehr Aufwand. Mehr Aufwand bei der Aufnahme eines Patienten, mehr Aufwand beim Ausstellen von Rezepten, mehr Aufwand bei der Abrechnung.

Die neue Krankenkassenkarte dagegen soll für alle Vorteile bringen. Das Bundesministerium für Gesundheit findet dafür markige Worte: "Vorerst ist sie wie ein Sportwagen, der in der Garage auf seinen Einsatz lauert. Wir brauchen endlich Datenautobahnen, damit die elektronische Gesundheitskarte zeigen kann, was in ihr steckt." Doch mit diesen Datenautobahnen geht es nicht so recht voran und den Kritikern ist das ganz Recht. Die neue Karte hat einen größeren Chip und einen Mikroprozessor. Auf dem Chip können mehr Daten als bisher abgespeichert und mithilfe des Prozessors verschlüsselt werden.

Die Krankenkassen wollen irgendwann Informationen, wie beispielsweise Allergien, Vorerkrankungen, Medikamente oder Notfalldaten, darauf ablegen. "Aber diese Funktion wurde noch nicht eingeführt" erläuert Roland Beierl, Geschäftsführer der AOK Bodensee-Oberschwaben. "Es ist auch geplant, Arztberichte darauf abzuspeichern. Wenn der Patient dann zum Facharzt geht, kann der lesen, was der Allgemeinarzt dazu notiert hat. Aber auch diese Funktion steht noch nicht zur Verfügung," ergänzt er. Auf den ersten Blick hingegen ersichtlich ist eine Zusatzfunktion, die für Reisende von Vorteil sein kann. Die neue Karte mit Bild hat auf der Rückseite die sogenannten European Health Insurance Card (EHIC) aufgedruckt, die Europäische Krankenversicherungskarte. Diese musste man früher separat mit sich führen bei Reisen ins Ausland. Ansonsten sind auf der neuen EGK, außer dem Bild, keine anderen Daten abgespeichert, als auf der alten Karte.

Der Umgang mit der alten Versicherungskarte indes wird von Praxis zu Praxis unterschiedlich gehandhabt. "Wir sind da relativ kulant und sagen den Patienten, dass es eine Privatrechnung bis Ende des Quartals gibt, wenn die neue Karte nicht nachgereicht wird," berichtet Oelhaf. Per Gesetz kann aber bereits nach zehn Tagen eine Privatrechnung erfolgen. Den gleichen Ablauf wendet auch Michael Peter an. "Außerdem raten die Krankenversicherungen dazu, Routinetermine zu verschieben", sagt der Vorsitzender des Ärzteforums Leutkirch.

Die Funktionen der neuen Karte werden ab Herbst 2015 nach und nach getestet. So soll zunächst der Online-Abgleich der Versichertenstammdaten und die qualifizierte elektronische Signatur der Ärzte erprobt werden. Ob bis dahin alle die neue Karte benutzen, bleibt spannend. Die AOK Bodensee-Oberschwaben jedenfalls ist mit der Quote zufrieden. Beierl: "Von den 3,9 Millionen AOK-Versicherten in Baden-Württemberg haben sich 98,8 Prozent für eine neue Karte entschieden." Und wie geht es weiter mit den Patienten, die noch die alte Karte haben? "Das zeigt sich dann gegen Ende des ersten Quartals," so Anita Oelhaf. Spätestens also dann, wenn die Privatrezepte beim Patienten eintrudeln.


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