Leutkirch / sz - Mancher Mensch steht nachts mal auf, weil er vielleicht für einen Imbiss an den Kühlschrank will. Daniel Dentler wälzt sich dagegen aus dem Bett, wenn ihm etwas einfällt. 'Dann folgt der nächtliche Gang zum Computer oder Zeichenblock', erzählt der umtriebige 36-Jährige. Es lohnt sich offenbar. Dentler ist Erfinder geworden – und dies auch noch in einer Branche, von der man wegen ihrer langen Tradition dachte, da kommt nicht mehr viel Neues. Ihm gelingt es aber, Jagdgewehre durch entsprechendes Zubehör zu verbessern. Von seinem Haus in Merazhofen vertreibt er inzwischen Produkte von Amerika bis nach Australien.
Es ist einer der Tage, an denen Schnee in Merazhofen liegt. Passanten weisen auf ein unscheinbares Haus hin. 'Dort wohnt der Büchsenmacher', heißt es. Klingeln, ein Jagdhund kommt bellend zum Tor gesprungen, 'Carlos', wie später zu erfahren ist. Dentler begleitet einen gleich in die Garage bei seinem elterlichen Haus, einen Raum mit der Größe von vielleicht fünf mal zehn Metern: das Herz des noch jungen Unternehmens. Einige Maschinen stehen herum, dazu einige Kartons mit der Ware Dentlers. Hier hat er an seinen Prototypen experimentiert. Der erste – und bisher bedeutendste Wurf – war die Entwicklung eines fast schon revolutionär zu nennenden Montagesystems für Zielfernrohre auf Jagdgewehren.
So bedeutend wird ein solches Metallstück wohl kaum sein, könnte ein am Waidwerk uninteressierter Zeitgenosse meinen. Aber allein in Deutschland gibt es rund 370 000 Jäger. Der Markt ist also groß. Und wenn das Montagesystem auf den ersten Blick auch simpel aussieht, ist es doch ein Meisterwerk der Feinmechanik. Wie es dazu kam? Die dazugehörige Geschichte hat zwei Handlungsstränge. Zum einen ist Dentler vor gut zehn Jahren zum Jagen gekommen. Die Natur, Feld und Flur zogen ihn an. Dazu kam die Spannung beim Jagen. Er machte den Jagdschein. Aber dann ärgerte ihn ein technischen Problem beim Waidwerk: 'Ich konnte nie geschwind mal ein Zielfernrohr auf ein anderes Gewehr stecken.'
Jahrelanges Grübeln
Der Grund: Gewehr und Zielfernrohr müssen aufeinander abgestimmt sein, sonst geht der Schuss daneben. Manchmal sind für die Jagd aber unterschiedliche Gewehre nötig. 'Schön wäre es doch, wenn man für alle nur ein Zielfernrohr brauchen würde', dachte sich Dentler. Vor allem wäre es auch billiger. Ein Qualitätsglas kostet schnell mal 2000 Euro.
Jahrelang grübelte Dentler über eine Lösung nach. Hier half ihm seine Ausbildung zum Feinwerkmechanikermeister. Das ist der zweite Handlungsstrang. Dentler machte schließlich eine Ausbildung zum Büchsenmachermeister. So kam zusammen, was er für seine Entwicklung benötigte: Praxiserfahrung und handwerkliches Können, dazu noch die richtige Idee. Sie stammt aus der CNC-Fertigung, in der Werkzeugmaschinen mit computergeführter Steuerungstechnik benutzt werden. Um die Rüstzeiten zu verkürzen, werden dort Spannsysteme verwendet, die Vorrichtungen passgenau mit dem Maschinentisch verbinden. 'Ich dachte mir, dies kann man doch auch auf eine Jagdwaffe bauen', sagt Dentler. Es funktionierte.
Inzwischen hatte er sein bisheriges Leben völlig umgekrempelt. Bevor sich Dentler der Verbesserung von Jagdwaffen verschrieb, war er Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens mit 30 Mitarbeitern. 2012 kam es zur Gründung der 'Dentler Jagdwaffen GmbH'. Dentler erinnert sich noch, wie die Sachbearbeiterin in der Leutkircher Außenstelle des Landratsamts stutzte, als der Antrag für ein solches Unternehmen auf ihrem Tisch lag. Dies sei die erste Büchsenmacherei in der jüngeren Geschichte Leutkirchs, hieß es.
Um den Verkauf anzukurbeln, holte sich Dentler einen Kaufmann ins Haus: Thomas Haas. Er kümmert sich um den Vertrieb und die Administration. Dentlers Produkte werden von Zulieferfirmen hergestellt. In der Garage in Merazhofen findet dann die finale Qualitätskontrolle statt, dazu noch die Auslieferung an europaweit mehr als 150 Fachhändler. Dentler und Haas denken jedoch längst über eine Erweiterung des Betriebs nach. Wenn es irgendwie geht, will er im kleinen Merazhofen wachsen. 'Wir müssen etwas für unsere Dörfer tun und Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Sonst leben hier irgendwann nur noch die ganz Alten', sagt Haas. Im Dorf scheinen die beiden gut anzukommen: 'Die machen wenigstens etwas', heißt es immer wieder.
Die nächste Erfindung hat Dentler übrigens schon gemacht. Es handelt sich um eine wesentlich verbesserte Mündungsbremse. Dies ist ein Aufsatz an der Gewehrmündung, der vor allem den Rückschlag beim Schießen minimieren soll. Schießkundige wissen dies. Ein starker Rückschlag führt immer wieder dazu, dass ein Schütze mit dem Gewehr nicht richtig im Ziel bleibt. Dentlers innovatives System wurde bereits von der Fachwelt für gut befunden. Er selbst bezeichnet es als einen 'Beitrag zum waidgerechten Jagen, weil die Schützen sicherer treffen'.