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Leutkirch / sz - Die neue Lebensmittel-Informationsverordnung oder LMIV setzt kleinen Betrieben wie Bäckern oder Metzgern heftig zu.

Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres ist sie in allen Staaten der Europäischen Union in Kraft. Die Vorgabe aus Brüssel regelt neben verschiedenster Lebensmittelauszeichnungen auch die Allergenkennzeichnung. Neu ist, dass allergieauslösende Stoffe wie Erdnüssen und Co. jetzt ebenfalls bei offen verkauften Lebensmitteln ausgewiesen werden müssen. Auch in Leutkirch mussten Geschäfte mit viel Aufwand ihre Produkte und Rezepte überprüfen.

Die Verordnung wurde von den meisten Betrieben in Leutkirch schnell umgesetz. Das Landratsamt machte dabei nicht nur Kontrollen, es informierte auch betroffene Betriebe, wie man die Richtlinie einhalten kann. 'Es gibt die obligatorische Gaststättenbelehrung, aber wenn mehrere Betriebe wie Bäcker, Metzger oder Restaurants auf einem Fleck Fragen haben, informieren wir vor Ort' , sagt Claudia Rossmann vom Landratsamt.

Alles in allem hätten sich die meisten Leutkircher Unternehmen bereits vorab informiert und Vorbereitungen getroffen. Es gebe auch keine speziellen Kontrollen hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht für allergene Stoffe. Die Kontrolle erfolge im Rahmen der Gesamtkontrolle. Wenn es Beanstandungen gebe, dann keine großen, es seien eher kleinere Unklarheiten bei den Betrieben, die schnell behoben werden.

Großer Aufwand

Michael Brenner von der gleichnamigen Metzgerei in der Marktstraße ging auf Nummer sicher. 'Für mich war die neue Regelung erst mal ein Schock. Ich bin ja schließlich kein Lebensmitteltechniker. Ich habe dann alles zusammen mit dem DAV-Institut gemacht, das für Qualitäts- und Hygienekontrollen zuständig ist', sagt Brenner.

Er habe dafür seine Rezepte mit sämtlichen Inhaltsstoffen an das Institut geschickt. Jetzt liegen mehrere Ordner in der Metzgerei aus, die über sämtliche Zutaten informieren. Eigens für die allergenen Stoffe gibt es drei separate Informationsblätter. 'Die meisten unserer Zutaten sind harmlos. Aber in Weißwürsten verwenden wir beispielsweise Senf, in den Brätknödeln Frischmilch. Beide Lebensmittel gehören zu den 14 Zutaten, die am häufigsten Allergien auslösen', sagt Brenner.

Mit der jetzigen Regelung könne er leben. Problematisch sehe er es, wenn, wie schon einmal angedacht, die Inhaltstoffe je verkauffter Ware auf dem Kassenzettel ausgewiesen werden sollten. Brenner sagt: 'Das könnten wir mit unserer jetzigen Technik gar nicht leisten.' Beim Bäcker um die Ecke sieht es noch viel schlimmer aus. Franz-Josef Wandinger betreibt nicht nur seine Bäckerei vor Ort, er ist außerdem noch Obermeister der Bäcker-Innung im Kreis Ravensburg.

'Eigentlich müsste ich ein Schild an meiner Tür anbringen, mit der Aufschrift: hochallergener Bereich', sagt Wandinger etwas sarkastisch. Fast jeder seiner Artikel beinhaltet eine oder mehrere Zutaten, die laut LMIV speziell ausgewiesen werden müssen. Rund 600 Artikel und deren Rezept prüft er seit Dezember, und damit nicht genug. Auch die Zutaten seiner Zulieferer muss er kontrollieren. Die Richtlinien gelten nämlich nicht nur für’s Brot, sondern auch für Gebäck und Kuchen.

'Das ist sehr, sehr aufwendig. Für meine Kunden habe ich eine übersichtliche Tabelle erstellt', erklärt Wandinger. In der Tabelle, die im Laden aushängt, stehe links der Artikel und rechts seien alle Allergene aufgelistet. Beinhaltet ein Artikel ein Allergen, ist das mit einem Kreuz vermerkt. 'Ein Einzelbetrieb hat genau die gleiche Arbeit wie einer mit 20Filialen. Das belastet die Kleinen', sagt der Obermeister, dem die Bäcker in der Region ebenfalls ihr Leid mit der neuen Verordnung klagen.

Kuchenspenden nicht betroffen

Wer jetzt Angst hat, dass die nächste Vereinsveranstaltung bald ohne Kuchenbuffet ablaufen muss, kann beruhigt sein. Die strikteren Vorschriften gelten laut Kommission nicht für Privatpersonen, sondern nur für Lebensmittelunternehmen. Der gelegentliche Verkauf von zubereiteten Speisen im kleinen lokalen Rahmen wie bei Kirchen-, Schul- oder Dorffesten unterliegen also nach wie vor keiner Kennzeichnungspflicht.


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