Leutkirch / win - Es duftet nach Frühling. Im Unteren Auenweg, direkt neben der Kläranlage, blühen sie – in einem großen Gewächshaus: etwa 13000 kleine Stiefmütterchen, Bellis, Tulpen, Narzissen und Vergissmeinnicht. In knapp zwei Wochen werden sie von Mitarbeitern der Leutkircher Stadtgärtnerei in Balkonkästen, Beete und Kübel gesetzt.
"Wir kennen unsere Pflanzen vom Samenkorn bis zum Kompost", sagt Gärtnerin Monika Moser. Seit 24Jahren kümmert sie sich um die Leutkircher Blütenpracht. Während Moser erzählt, zeigt Kollegin Monika Hepp auf die Wurzeln eines Stiefmütterchens. "Die sind schneeweiß, die Pflanze ist gesund", sagt sie. Nach Farben sortiert, werden die kleinen Pflanzen langsam gezogen.
"Im Oktober bekommen wir unsere Frühjahrspflanzen als Jungpflanzen", sagt Moser. Schwarz, weiß, lila, orange, gelb – "wir mögen es bunt", ergänzt Hepp. Neben den Leutkircher Pflänzchen blühen die Wangener Blumen. "Wir zeihen die Frühjahrspflanzen für Wangen mit, da die Stadtgärtnerei dort kein eigenes Gewächshaus hat", fährt Moser fort. Wangen kaufe die Ware dann von Leutkirch ab.
Gewächshaus ist ausgelastet
"Weil wir die Pflanzen für Wangen mitziehen, ist unser Gewächshaus den Winter über ausgelastet", sagt Moser. Im Sommer blühen dort ausschließlich Pflanzen für das Leutkircher Stadtgebiet – etwa 20000 bis 25000Stück. "Unsere Sommerpflanzen werden nicht vor den Eisheiligen gepflanzt, da sind wir konsequent", so Moser weiter. "Bei den Frühlingsplanzen sind wir bestrebt, sie vor Ostern in die Stadt zu bringen, auch wenn es schneit. Denn wir möchten, dass es die Leute schön an Ostern haben", erklärt Moser.
Zwei Mal im Jahr werde die Bepflanzung in der Stadt gewechselt. "Früher hatten wir noch Herbstbepflanzung, aber das lohnt sich nicht", sagt Hepp. Der Grund: Das Allgäuklima. "Deshalb ziehen wir unsere Pflanzen auch selbst", fährt Hepp fort. Denn im Gewächshaus könne den Pflänzchen das heimische Klima "vorgegauckelt" werden, sagt Moser. "Würden wir Pflanzen kaufen, wären die an ein anderes Klima gewöhnt". "Wir ziehen im September Mutterpflanzen von Sommerpflanzen wie Petunien, Nelken, Zierklee und Euphorbien. Die Stecklinge, die es davon gibt, werden im Mai eingepflanzt. Einige Stecklinge heben wir auf, ziehen sie wieder zu Mutterpflanzen und dann wieder zu Stecklingen", erklärt Hepp. Andere Pflanzen wie Begonien und Tagetes werden ausgesät.
"Wir haben unser Sortiment das sich in den vergangenen 20 Jahren verändert hat, mit dem wir gut fahren und wo wir wissen, das es sich bewährt hat. Es ist vielfältig, abwechslungsreich und bunt", sagt Hepp. Immer wieder werde aber auch etwas neues ausprobiert – in kleinen Stückzahlen. Das ziehen der eigenen Pflanzen habe viele Vorteile. "Wir sind unabhängiger, flexibler bei der Bepflanzung, auch bei der Nachbepflanzung wenn jemand etwas rausreißt, haben ein breiteres Sortiment und unsere Pflanzen sind robuster, weil sie von Anfang bis Ende bei uns sind", erklärt Moser. Außerdem spare die Stadt Geld. "So fallen pro Frühjahrspflanze sieben Cent, pro Sommerpflanze 25 Cent für die Stadt an", sagt Bernhard Schlenker von der Stadt. Der Normalpreis liege bei einem Euro beziehungsweise 2,26Euro. Wärme werde von der Kläranlage nebenan geliefert.
Wärme, Licht, Dünger und einen guten Boden
"Wir sind bestrebt, so ökologisch wie möglich zu arbeiten", sagt Hepp. Gespritzt werde nur im äußersten Notfall, es gebe keinen Torf im Boden und nur homöopathische Pflanzenschutzmittel. Jeden Tag – auch am Wochenende – besuchen Hepp oder Moser die Stadtgärtnerei. "Wir wünschen unseren Pflanzen einen guten Morgen, gießen sie, düngen sie und schauen nach ihnen", sagt Moser. Im Hochsommer werde sogar zweimal täglich gegossen. "Unsere Pflanzen haben Wärme, Licht, Dünger und einen guten Boden. Mehr brauchen sie nicht zum Wachsen", sagt Hepp.
Vier Temperaturzonen gibt es in der Leutkircher Stadtgärtnerei. Ein Überwinterungshaus für kleine Bäume, die im Herbst ausgegraben und zurückgeschnitten werden. Ein Gewächshaus mit Temperaturen von 20 bis 22 im vorderen Bereich und etwa 16 Grad im hinteren Bereich. Und ein Gewächshaus mit etwa acht bis zehn Grad Raumtemperatur. Dort blühen derzeit die Frühlingsplanzen, die in etwa zwei Wochen im Stadtgebiet verteilt werden. Je nach Witterung brauchen Hepp und Moser etwa drei Tage dafür. "Unsere Männer von der Stadtgärtnerei bereiten die Beete vor", sagt Hepp. Dann geht die Bepflanzung los. "Wir spielen mit Formen und Farben", fährt sie fort. Pläne, wie die Beete einmal aussehen sollen, machen sich die Gärtnerinnen nicht. Auch Vorgaben von der Stadt gebe es nicht. "Wir haben Praxiserfahrung und arbeiten schon so lange zusammen, dass es jedes Jahr super klappt", sagt Hepp. Sie überlegen, wie die Beete aussehen könnten, dann legen sie los. "Es gibt nichts schlimmeres, wie nicht genau hergerichtete Beete", sagt Moser.
Denn die Freude sei groß, wenn sich die Stadtbewohner über die Pflanzen freuen. "Da wissen wir, dass wir unsere Arbeit gut gemacht haben", sagt Hepp. Auch die ein oder andere Nachfrage komme immer wieder, ob Pflanzen abgekauft werden können. "Aber das machen wir nicht", fährt Hepp fort. Allgemein sei sie stolz auf das Sortiment – und auf ihren Job. "Wir haben den schönsten Arbeitsplatz, denn wir haben jetzt schon Frühling."