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Fußballspielen als Integrationshilfe

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Leutkirch / sl - "Das ist richtig toll und Integration pur." Lisa Zwerger vom Leutkircher Asylkreis gerät ins Schwärmen, wenn sie erzählt, wie sie und ihre Mitstreiter bei der Betreuung der Asylbewerber in Leutkirch auch von Vereinen unterstützt werden.

Die Jugendmusikschule, die Kunstschule Sauterleute, die Badmintonspieler der TSG Leutkirch – sie alle und noch einige mehr engagieren sich, wenn es darum geht, den Flüchtlingen ein paar Stunden Ablenkung von ihrem tristen, eintönigen Alltag zu verschaffen.

Oft Hunderte Zuschauer

Läuft dieser Einsatz oft unbemerkt von der Öffentlichkeit ab, so ist es beim Fußball weitaus offensichtlicher. Denn wenn die Asylbewerber bei Mannschaften, die im regulären Spielbetrieb stehen, mitkicken, dann tun sie das manchmal vor einigen Hundert Zuschauern. Zum Beispiel der Gambier Malick Dambel. Der 18-Jährige spielt beim Bezirksligisten FC Leutkirch mit – und das recht erfolgreich. Er schoss in seinen zehn Meisterschaftsspielen bereits elf Tore. Und vor wenigen Tagen stand der junge Asylbewerber auch in dem Team des FCL, das vor 1200 Zuschauern in Arnach den Bezirkspokal gewonnen hat.

"Insgesamt haben wir drei erwachsene und drei jugendliche Asylbewerber aus Gambia bei uns im Training", sagt Leutkirchs Abteilungsleiter Jochen Reischmann. Und er ist des Lobes voll. "Es hat von Anfang an nie Probleme gegeben. Die einen können schon etwas Deutsch, mit den anderen unterhält man sich auf Englisch. Und auch die Integration in den Verein lief sehr angenehm." Es habe keinerlei Vorbehalte von Seiten der Spieler gegeben, die ja eventuell um ihre Stammplätze bangen müssen.

"Für alle da"

Im Gegenteil: Die Spieler hätten die neuen Kameraden sofort akzeptiert und ihnen auch nicht benötigte Ausrüstungskleidung gegeben. "Fußball ist für alle da", mag auch Reischmann keinen Unterschied zwischen Fußballern unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe machen.

Auch der SC Unterzeil kümmert sich um Asylbewerber. Vorsitzender Helmut Kornjak kann sich noch gut an die erste Begegnung erinnern. "Die sind tatsächlich barfuß bei uns angekommen und wollten mitkicken." Die Unterzeiler Fußballer haben daraufhin ihre Sportsachen durchgesucht und die Asylbewerber mit Trainingsklamotten und Kickschuhen ausgestattet.

Notfalls mit Händen und Füßen

"Am Anfang sind elf Asylbewerber, meistens Afrikaner, gekommen, inzwischen sind vier fest bei uns und trainieren regelmäßig mit. Wir holen sie dazu immer in der Memminger Straße ab und bringen sie später wieder hin", erzählt Kornjak. Anfangs seien die Sprachbarrieren etwas hinderlich im Training gewesen, so der Unterzeiler, aber mittlerweile verständigt man sich viel auf Englisch, ein bisschen auf Deutsch und notfalls mit Händen und Füßen.

In einer der beiden Herrenmannschaften des SCU dürfen die Asylbewerber allerdings noch nicht mitspielen – weil sie, im Gegensatz zu den Kickern des FC Leutkirch, noch keine Spielberechtigung vom Württembergischen Fußballverband (WFV) erhalten haben. Für den WFV spielt es keine Rolle, ob der ausländische Spieler, für den ein Verein einen Spielpass beantragt, aus der Schweiz, Russland oder Gambia kommt. "Auch für Asylbewerber gilt, dass wir über den DFB und den Weltverband Fifa prüfen müssen, ob der Spieler bereits bei einem Verein in seiner Heimat registriert ist", erklärt Frank Thumm, Leiter der WFV-Rechtsabteilung.

Nicht so gut organisiert

Bei Asylbewerbern, die ja oft aus Ländern kommen, in denen nicht alles so wohlorganisiert ist wie in Deutschland, rühren sich die Heimatverbände meistens nie in der vorgegebenen Frist von 30 Tagen, sagt Thumm. Dann sind die Asylbewerber für einen deutschen Verein spielberechtigt – vorausgesetzt, ihr Wechsel wurde innerhalb der Transferperiode beantragt. Denn auch die gilt für Asylbewerber wie für jeden anderen Fußballer.

Auch Hans-Joachim Maier, Chef des Fußballbezirks Bodensee, sieht den derzeit steigenden Anteil an Asylbewerbern in den Mannschaften der Region eher nüchtern. "Dass die Vereine sich um diese Menschen kümmern, ist eine gute Sache. Aber der Fußball kann das Problem der Integration nicht alleine lösen. Er kann da nur Beiwerk sein."

"Keine Wettbewerbsverzerrung"

"Ich freue mich auch ganz persönlich, wenn Asylbewerber über den Fußball bei uns integriert werden", sagt WFV-Funktionär Frank Thumm, "aber das darf natürlich nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen."

Für viele Asylbewerber selbst ist es auch gar nicht so wichtig, dass sie mit der Mannschaft um Punkte spielen dürfen, weiß Lisa Zwerger. "Schon das Trainieren macht ihnen Spaß, lenkt sie ab, lässt sie ihre Sorgen und Nöte vergessen." Das sei "Integration pur, so wie gewünscht mitten aus dem Leben". Und das gilt für alle, dazu muss man nicht gleich Tore wie am Fließband schießen wie es Malick Dambel derzeit für den FC Leutkirch tut.

Für sein Engagement ist der FC Leutkirch von der DFB-Stiftung Egidius Braun ausgezeichnet worden. Für seine Integrationsbemühungen erhielt der Verein im Rahmen der DFB-Initiative "1:0 für ein Willkommen" einen Scheck über 500 Euro. Das Geld ist zweckgebunden.


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