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"Mir machet Druck – und lond it luck"

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Leutkirch / sz - Es geht um ihre Höfe, um ihre Existenz. Weil der Milchpreis dramatisch gesunken ist, bangen Landwirte aus der Region. Auch Franz Merk aus Eggmannsried gehört dazu. "Wir brauchen bessere, stabile Milchpreise", fordert er bei einer Kundgebung am Montagvormittag auf dem Leutkircher Marktplatz. Gemeinsam mit Kollegen aus den Landkreisen Ravensburg, Biberach und Lindau besucht er die Protestaktion.

Kuhglocken läuten, Transparente wehen durch die Luft, sechs Schlepper haben sich hinter dem Gänselieselbrunnen positioniert. Sie sind Teil einer bundesweiten Staffelfahrt des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), die am Dienstag, 1.September, mit einer großen Kundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz enden wird. Los ging’s am Freitag in Freiburg. Über Überlingen, Bad Waldsee und Bad Wurzach kamen die Landwirte am Montag in Leutkirch an. Dort schlossen sich zahlreiche Kollegen aus der Region der Staffelfahrt an.

Für Leutkirch als Etappenort habe sich das BDM-Kreisteam Ravensburg entschieden, erzählt Merk. "Es war schwierig, weil montags in Leutkirch Wochenmarkt ist", fährt er fort. Dennoch gab die Stadt grünes Licht. Mit einer Ausnahme. "Wir haben eine genaue Begrenzung bekommen, wie viele Traktoren auf den Marktplatz kommen dürfen. Auch die Länge der Fahrzeuge wurde genau festgelegt", sagt Merk. Deshalb verteilten sich die restlichen Schlepper während der Aktion im Stadtgebiet.

"Wir waren skeptisch, ob eine so große Traktorkolonne auf dem Marktplatz Platz finden wird", sagt Bürgermeister Martin Bendel bei der Kundgebung. Die Marktbeschicker hätten aber Platz gemacht, so dass die Landwirte auf ihr Anliegen aufmerksam machen können. "Ich freue mich, dass so viele Landwirte – sogar aus dem Schwarzwald – den Weg nach Leutkirch gefunden haben. Das zeigt, dass Milchbauern zusammenhalten", so Bendel weiter.

"Landwirte sind Kultur- und Landschaftsschützer"

Für die Region sei es wichtig, dass es gesunde, intakte Landwirtschaften gibt. "Denn Landwirte sind Kultur- und Landschaftsschützer, außerdem produzierten sie gesunde Lebensmittel wie die Milch", sagt Bendel.

Und genau darum gehe es, sagt Johannes Fritz vom BDM. "Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass wir derzeit die dritte Milchkrise innerhalb von sechs Jahren haben", sagt er. Die Politik müsse handeln, damit keine Existenzen gefährdet werden. Denn, so Fritz weiter, der Strukturwandel und die sinkenden Preise hätten bereits viele Höfe ruiniert. Er nennt ein Beispiel: " In den vergangenen 30 Jahren gingen zwischen 70 und 80 Prozent der Landwirtschaften verloren." Die Wertschätzung der Milch sei nicht mehr da, fährt Fritz fort. Der Milchpreis liege derzeit im Bundesdurchschnitt bei 28 Cent. Im vergangenen Jahr waren es noch 41 Cent.

"Der Milchpreis, den wir gerade haben, ist miserabel", sagt Landwirt Rolf Weidner. Als Schande, als Katastrophe für die Höfe bezeichnet er die derzeitige Situation. Dass der Milchpreisverfall ein existenzielles Problem in ganz Europa darstellt, zeigten auch französische Landwirte, die beim Start der Staffelfahrt in Freiburg mitdemonstrierten. "Um den Druck auf die Politik erhöhen zu können, wird jeder Kopf, jeder Schlepper gebraucht", sagt Fritz.

Dem stimmt die Europaabgeordnete Maria Heubuch zu. Sie ist selbst im BDM-Kreisteam Ravensburg. "Es hilft nur der Druck von außen", sagt sie. "Für mich ist es nicht nur eine Ehrensache, sondern eine Selbstverständlichkeit, bei dieser Kundgebung dabei zu sein, weil auch wir zu Hause vom Milchvieh leben", fährt Heubuch fort. Da neben den Höfen auch andere Arbeitsplätze gefährdet sind, fordert die Europaabgeordnete ein Krisenmanagement.

"Nur so können die Höfe und die Einkommen gesichert werden", ergänzt Weidner. Er appelliert an alle Landwirte: "Mir machet Druck – und lond it luck."


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