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"Es haben alle Drei getreten – mehrmals"

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Leutkirch / sz - Wer einen wehrlos am Boden Liegenden mit Fußtritten traktiert, der macht sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Ganz gleich, ob dieser Mensch zuvor einen Streit angezettelt hat oder nicht. Das sah auch das Schöffengericht Wangen so, vor dem sich zwei 25-jährige Männer mit südosteuropäischen Wurzeln verantworten mussten.

Die Tatzeit liegt schon zwei Jahre zurück. Als sich drei Männer am frühen Morgen nach dem Besuch einer Leutkircher Diskothek auf den Weg nach Hause machen wollen, kommt es unter ihnen zu einer Auseinandersetzung. Und dies, nachdem das stark alkoholisierte spätere Opfer ein Taxi bestiegen hat, um kurz darauf wieder auszusteigen. Warum, das bleibt schlussendlich im Dunkel der Nacht verborgen. Auf jeden Fall entsteht ein Handgemenge. Der Mann geht zu Boden und wird zuerst von dem einen, dann auch von dem anderen Angeklagten "einmal in Richtung Bauch" getreten.

Einer der Security-Leute geht dazwischen, kümmert sich um den Verletzten und bittet den Taxifahrer, die Polizei zu rufen. In der Unfallchirurgie des Memminger Krankenhauses stellen die Ärzte dann Frakturen an Schädel und Gesicht sowie mehrere Hämatome fest.

"Wie erklären sie sich diese schweren Verletzungen?" fragte am Dienstag der Richter den einen Beschuldigten, der zunächst zur Antwort gab: "Das weiß ich nicht. Er ist ja auch gefallen!" Um dann zu behaupten, dass er vom Kontrahenten zuerst geschlagen worden sei.

Hatte sein neben ihm auf der Anklagebank sitzender Kumpel ausgesagt, dass der Mann "mit dem Gesicht nach unten gefallen ist", so hörte sich das bei dem Zeugen, der zur fraglichen Zeit Sicherheitsdienst im Eingang des Gebäudes machte, anders an. Wenngleich er nach so langer Zeit nicht mehr mit Bestimmtheit sagen konnte, "von wem, wie oft und wohin" der Verletzte getreten wurde, so war er sich doch sicher: "Der Mann ist nach hinten auf den Rücken gefallen!" Im Laufe der Verhandlung war immer wieder von einem weiteren Diskothekengast die Rede, der nach Einlassung der Angeklagten "nicht an der Rangelei beteiligt war", den der 29-jährige Zeuge aber bei seiner polizeilichen Vernehmung vor zwei Jahren mit belastet und zu Protokoll gegeben hatte: "Es haben alle Drei getreten – und das absolut mehrmals." Doch dieser "dritte Mann" verbüßt derzeit eine mehrjährige Haftstrafe und wurde zur Sache bereits vernommen.

Die Tatsache, dass gerade der so schwer Geschädigte nicht zum Termin erschienen war, rief bei einem der Verteidiger Verwunderung hervor. Man war sich aber schnell darüber einig, dass man sowieso "von dieser Seite keine große Aufklärung" hätte erwarten können und begnügte sich mit dem Verlesen der einmal gemachten Aussagen des 38-Jährigen. Das in der Akte festgehaltene Fazit lautete: Der Mann hatte nach ausgiebiger Kneipentour keine Erinnerung mehr an den Vorfall.

Wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung wurden die beiden Männer zu Haftstrafen verurteilt. Der eine zu neun Monaten mit dreijähriger Bewährungszeit und 80Stunden gemeinnütziger Arbeit, der andere zu einem Jahr ohne Bewährung. Hier kam das wegen ähnlicher Delikte aufgebaute Vorstrafenregister ebenso erschwerend hinzu wie die zur Tatzeit noch nicht abgelaufene Bewährungsfrist.

In seiner Urteilsbegründung machte der Richter deutlich: "Zweimal wurden sie schon unter Bewährung gestellt. Irgendwann muss der Androhung von Freiheitsentzug auch mal die Umsetzung folgen."


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