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In die Notunterkunft zieht der Alltag ein

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Leutkirch / sz - Seit gut drei Monaten leben Flüchtlinge in der vom DRK-Kreisverband Wangen betreuten Notunterkunft in der Sporthalle der Geschwister-Scholl-Schule. Bis zu 200 Personen leben dort auf engstem Raum zusammen. Stressfrei läuft der Alltag sowohl für die Schutzsuchenden als auch für das Team des DRK nicht ab. Eine erste Zwischenbilanz.

"Ja, es ist laut. Der Geräuschpegel macht allen zu schaffen." Stefanie Hutter, eine der vier Alltagsbetreuerinnen, die auf zwei Vollzeitstellen verteilt sind, spricht einen Umstand an, der zum Alltag in der Halle gehört. Kreischende Kinder. Geschirrgeklapper während der Essenszeiten. Auch mal lautstarke Auseinandersetzungen. "Das ist doch ganz normal, wenn so viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten nebeneinander leben", ergänzt Uwe Steinhauser, der verantwortliche Sozialarbeiter in der Halle. Alleinstehende. Familien. Beladen mit den Erfahrungen während ihrer Flucht, mit den Erinnerungen an schlimme Erlebnisse, wenn sie aus Kriegsgebieten kommen. "Da tragen einige eine große Last mit sich", sagt Wolfgang Stockburger, im Kreisverband des DRK der Leiter "Soziale Arbeit". Er stellt eines auch klar. Nur deswegen seien die Menschen, die Hilfe suchen, keine moralischen Überflieger. "Es sind alles nur Menschen."

Bisweilen reagierten Flüchtlinge frustriert, weil ihnen die Decke auf den Kopf fällt. Sie warten auf Bescheide über ihren Status. Manche hatten vor der Verlegung nach Leutkirch nicht erwartet, in einer Massenunterkunft zu landen. Die einen Kinder dürfen bereits in die Schule, andere dürfen das nicht und verstehen die bürokratischen Vorgaben nicht. "Natürlich gibt es klare Regeln und Auflagen. Da muss man auch mal hart sein, so verständlich der Wunsch der Jugendlichen oder der Eltern auf Förderung auch sein mag", sagt Hutter.

Sybille Meßmer arbeitet als Koordinatorin für die ehrenamtlichen Unterstützerkreise. Mittlerweile stehen rund 150 Adressen in ihrem Verteiler, aufgelistet nach möglichen Zeitfenstern für Hilfsdienste, auch nach Fähigkeiten. Fahrdienste sind zu organisieren, die Begleitung zu Ärzten oder die Hilfe bei der Wohnungssuche. Denn Flüchtlinge, deren Schutzbedürftigkeit anerkannt ist, müssen so schnell wie möglich die Halle verlassen. So lief am Sonntag gleich für mehrere Familien die Frist ab, ohne dass sie schon einen festen Wohnraum in der sogenannten Anschlussunterbringung nachweisen konnten. Dann aber kann es vorkommen, dass sie in andere Regionen geschickt werden, obwohl sie sich im Allgäu wohlfühlen. Nicht zuletzt deswegen hat die Stadt Leutkirch eine Initiative vorbereitet, um private Vermieter zu gewinnen. Am Montag findet deshalb ein Informationsabend im Bocksaal statt. Besonders akut ist immer noch auch der Bedarf an Dolmetscherleistungen.

Bereut hat bislang aber niemand aus dem Team die Arbeit. Sybille Meßmer lobt: "Es ist unglaublich, wie viel Energie in Leutkirch die Menschen in die Unterstützung der Flüchtlinge stecken." Sie gibt aber auch zu, dass sie es genießt, wenn sie ihre Wohnungstür schließen kann "und Ruhe einkehrt". Hutter spricht von Erfahrungen, die sie nicht mehr missen möchte.

Aktuell sind 186 Plätze belegt. Viele Flüchtlinge befinden sich darunter, die vom ersten Tag des Bezugs der Halle dort wohnen – in kleinen Parzellen ohne Tageslicht.


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