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Christoph Hauser zieht alle Register

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Leutkirch / bgw

Draußen blieb das vorhergesagte Unwetter aus, dafür sorgte Christoph Hauser in der katholischen Kirche St. Martin für stürmische Klänge. Der Studienkollege von Bezirkskantor Franz Günthner, jetzt Kirchenmusiker der Stadtpfarrei St. Magdalena in Fürstenfeldbruck, schlug die Orgel kraftvoll und virtuos. Mit Verve, selbst die anspruchsvollsten Passagen meisterte Hauser leichthändig, ohne Mühe. Auch mit flinken Beinen, vor allem beim letzten Stück von Louis Vierne,

Kleine Orgel ganz groß

Da kam die eher kleine Orgel, in den 60er Jahren von Johannes Karl aus Aichstetten erbaut und später von Martin Gegenbauer aus Leutkirch erneuert, mit allen Registern zur Geltung. Und mit ihrer ganzen Klangfülle. Zum Einstieg spielte Hauser drei Stücken von Jean Philippe Rameau, ursprünglich für Cembalo geschrieben. Ein freundliches Intro. Ebenfalls noch fernab des Sturmes der Pilgerchor und das Lied an den Abendstern von Richard Wagner, eingängig, flirrende Klängen, dann wieder ruhig schwebend. Mit selten gehörten Intonationen, in der Orgelbearbeitung interessanter als das schmachtende Original.

Wuchtig, kraftvoll die Sonate Nr 11 d-Moll von Joseph Gabriel Rheinberger, Antipode zu Wagner. Beim Agitato fordert Hauser das Instrument zum ersten Mal richtig. Das Intermezzo tänzerisch, die Cantilene naturgemäß besinnlicher. Bis die Fuge kommt, gewaltig auf- und ineinanderverwobene Töne, manchmal massiv wie ein großer dunkler Berg, aus dem eine feine helle Spitze ragt. Stürmische Orgeltöne, wie im Programm angekündigt.

Stürmisch endete die Matinee. Bezirkskantor Franz Günther wies die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer auf das Leben des Organisten Louis Vierne hin - ein Mann, dessen impressionistische Musik nach vielen Schicksalschlägen und späterer völliger Erblindung oft düster klingt. Vierne starb übrigens am Spieltisch seiner Orgel in Notre Dame in Paris nach dem Konzert seiner letzten Komposition. Das in Leutkirch vorgestellte Werk, zwei Sätze aus der Symphonie No 6, entstand an der Cote d Azur. Die Aria klingt noch recht flockig, präsente Klänge mit abgehobenen Tonlichtern, ab und an Akkorde wie ein fernes Echo. Dann jedoch, im Final, beschreibt Vierne das Aufkommen eines Sturmes, und hui – ein scharfes Signal, dann Attacke, anspruchsvolle Handarbeit, und die Beine müssen eine Sechzehntel-Melodie bewältigen. Das Publikum konnte dies auf der großen Leinwand im Kirchenschiff verfolgen, dankte dem Virtuosen mit ungewöhnlich langem Beifall. Hauser freute sich, gab eine kleine Fantasie dazu. Wer wollte, konnte danach auf die Empore dem Fürstenfelder Organisten Fragen stellen. Oder sich die Eigenheiten der Leutkircher Orgel erklären lassen. Die zählt zwar nicht zu den großen Instrumenten Oberschwabens, hat aber ihre Qualitäten hat. Vor allem mit einem beseelten Organisten an Tasten und Pedalen.

Die nächste Orgelmatinee zur Marktzeit findet am Samstag, 2.August, um 11.15 Uhr statt. Der Förderverein Kirchenmusik St.Martin hat dazu den Domkantor Ansgar Schlei aus Wesel eingeladen. Der evangelische Kirchenmusiker spielt Werke von Bach, Guilmant und Bedard.


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