Leutkirch / cae - Ein klanglich selten schönes Instrument nach dem anderen haben die Kerberbrothers am Mittwochabend aus dem Koffer gezogen. Sie haben dem Sommerjazz im Museumshof ihren Stempel aufgedrückt, der sich „Alpenfusion“ nennt. Neben meterlangen Alphörnern fanden zahlreiche Zithermodelle den Weg ins Rampenlicht. Mit am exotischsten dürfte der Auftritt von Andreas Kerbers „Zauberbrett“ gewesen sein.
Der Mann mit dem Zitherring heißt Martin Kerber. Er ist ein Charming Boy, der sein Publikum im voll besetzten Innenhof in null Komma nichts für sich gewinnt. Verbal ebenso gut wie musikalisch.
Notfalls auch mit der „Haarnadel“
Das vorgesehene Programm habe er nur digital auf dem Handy abgespeichert, welches sich im Auto befinde. Der Zitherring liege auch dort. Das Problem sei der Schlüssel, der momentan nicht auffindbar ist. „Notfalls geht es auch mit einer Haarnadel“, scherzte Martin Kerber. Macht alles nichts, denn seine Musiker mit Multiinstrumentalist Andreas Kerber an Gitarre, Hackbrett und Alphorn, Saxophonist Markus Kerber, Kontrabassist Tiny Schmauch und Schlagzeuger Pit Gogl spielen schon einmal das Intro als Vorgeschmack auf den Crossover aus Jazz und Ethno.
Arabisch tönende Rhythmen, darüber ein schlangenbeschwörerisches Sopransaxophon und mittendrin Bluesrocklastiges aus Richtung Akustikgitarre ergeben ein Floating, das nicht dick aufträgt und daher umso intensiver wirkt. Eine „Kreuzfahrt“, die in „Kreuzweg“ übergeht, für den Andreas Kerber sein Teleskop-Carbonhorn ausgefahren hat. Das komme aus der Schweiz und sei einfach praktischer als die originalen Alphörner aus Holz. Eines davon hat aber dennoch die Reise angetreten und beide „(g)roovten“ selbstverliebt im Duett.
Ethno-Sound auf dem „Zauberbett“
„Bei uns in Bayern nennt man das trivial Hackbrett“, stellte Martin Kerber das unter einem roten Tuch verborgene „Zauberbrett“ vor. Mit Klöppeln bedient, verwandelt es Volksmusikalisches in fern ab gelegene märchenhafte Melodien, um beides in einem sphärischen Klangkosmos auf den Gipfelpunkt zu zutreiben. Wären da nicht die abrupt einsetzenden urtypischen Jodler, die den Höhenflug stoppen. Ganz schön schräg. Mit im Gepäck war eine österreichische Zither mit drei Saiten, ein so genanntes „Raffele“, die nur Dur kann, dennoch nicht vor einem ungarischen Csárdás in Moll zurückschreckt. „Was man aus so einem kleinen Teil alles rausholen kann“, freute sich Martin Kerber, temporeich angefeuert von Markus Kerbers Querflötenspiel. Außerdem noch ein Brett, eine „Scherrzither“, die in ein und dergleichen Tonhöhe etwas drahtig klingt.
Locker griff Martin Kerber mal in die Saiten, dann wieder zu Trompete oder Akkordeon, während Pit Gogl und Tiny Schmauch als Rhythmusgruppe dem Jazzrockigem und dem Bebop den nötigen Drive gaben. Kompositionen aus dem 2004 aufgenommenen Album „Live in L. A.“ (L. A. steht für Leutkirch im Allgäu) und vom neuen 2011 erschienenen Live-Album „Rising Alps“ bestimmten den Abend in der Reihe „Jazz im Museumshof“, die von der Volkshochschule Leutkirch und der Stadt ausgerichtet wird.
Dem Alpensound galt im zweiten Set verstärkt die Aufmerksamkeit der Kerbers – dem „Auerhahn“ als Zillertaler Original, neu und skurril „verhunzt“, sang und klanglos auströpfelnd, wenn dem „Spielhahn“ der Saft ausgegangen ist. Den Kerberbrothers aber noch lange nicht.