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Spielotheken-Überfall in Leutkirch: Polizei sichtet mehrere 1000 Bilder und Nachrichten

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Leutkirch / sz - Der Spielotheken-Überfall in Leutkirch im November vergangenen Jahres ist am zweiten Verhandlungstag in eine entscheidende Phase getreten. Verantwortlich dafür war die Zeugenaussage des Ravensburger Kripo-Beamten, der in dem Fall federführend ermittelte und die Ergebnisse vor Gericht im Detail schilderte. Danach hatten die zwei hauptverdächtigen Libanesen – führende Köpfe der Rockergruppe „Black Warriors“ – zwei weitere Angeklagte zu dem Überfall angestiftet. Eine große Hilfe bei der Aufklärung waren zwei Handys aus dem Täterkreis, auf denen der Polizei die Tat „wie auf einem Präsentierteller“ serviert worden ist, wie der Hauptkommissar vor der 2. Großen Strafkammer berichtete.

Die Anklage gegen die fünf jungen Männer (im Alter von16 bis 35), die noch auf schweren Raub lautet, wird nach den Worten des Kammer-Vorsitzenden Stefan Maier möglicherweise auf den Vorwurf des „gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes“ ausgedehnt.

Vor dem Kripo-Beamten sagte die 21-jährige Angestellte der Spielothek aus, die nach dem Überfall aus ihrer befristeten Vollzeitstelle entlassen wurde, seither arbeitsunfähig ist und unter gesundheitlichen Problemen leidet. Ihren restlichen Lohn hat sie so spät bekommen, dass sie die Miete nicht mehr bezahlen konnte und ausziehen musste. Warum sie so schlecht von ihrem ehemaligen Arbeitgeber behandelt wurde, weiß sie nicht, beteuerte sie weinend.

Informantinnen aus der Spielothek?

Nach ihrer Darstellung waren die beiden Hauptangeklagten Stammgäste in der Spielhalle. Sie seien „Thekensteher“ gewesen, da sie nicht spielten, sondern sich ausschließlich am Tresen aufhielten. Beide hätten ein freundschaftliches Verhältnis vor allem zu zwei weiblichen Angestellten gepflegt, weshalb vor der Kammer die Frage aufkam, ob über sie Informationen über Geschäftsabläufe und Geldverkehre zu den beiden Hauptangeklagten gelangten.

Im Zeugenstand berichtete der Polizeibeamte davon, wie man unmittelbar nach der Tat am Leutkircher Bahnhof zunächst einen der beiden Hauptangeklagten (Präsident der Rockergruppe „Black Warriors“) sowie einen mitangeklagten Komplizen verhaftet habe, bei denen zwei Jacken und zwei Handys gefunden wurden. Bei der Auswertung der Überwachungskamera habe man festgestellt, dass beide als Täter ausscheiden. Auf den Handys hatten die Beamten mehrere 1000 Bilder und Nachrichten gefunden. Vielfach hatten sich die Täter gegenseitig fotografiert, was für die Polizei hilfreich bei der Aufklärung auch von anderen Taten war. „Wie ein Puzzle“ habe man die Hinweise zusammen gesetzt, danach sei klar gewesen, wer die Täter in der Spielhalle waren. Über Jacken-Bestückungen seien Dienstgrade Einzelner bei den „Black Warriors“ nachzuvollziehen gewesen. „Das war für uns Super“, sagte der Zeuge.

Die Polizei wusste alles

Er schilderte aufgrund der Handynachrichten die Mitteilung an die Täter: „Nehmt euch für morgen nichts vor“ – denn an diesem Tag waren sie für den Überfall vorgesehen – und die Ankündigung, ein weiterer Angeklagter würde Näheres wie den Fahrkartenkauf und die Fahrt von Ravensburg nach Kisslegg und weiter nach Leutkirch erläutern. „Wir konnten die ganze Straftat nachvollziehen, die Polizei wusste alles“, sagte der Beamte, der auch das Landeskriminalamt in Stuttgart ins Brot holte, um Bewegungsbilder erstellen zu lassen.

Der beschuldigte Präsident der „Black Warriors“, einer der seit Jahren polizei- und gerichtsbekannten Hauptangeklagten, schare oft junge Leute um sich und halte selbst im Hintergrund die Fäden in der Hand. Die Rangniederen müssten sich bei der „Drecksarbeit“ beweisen, bemerkte der Zeuge, der weiter davon berichtete, auch einen SEK-Einsatz erwogen zu haben, der letztlich nur an deren erschöpften Kapazität scheiterte.

Der Überfall war vom Brüderpaar geplant, ist sich der Beamte sicher, der auch weiß, dass einem der Täter zuvor Drogen verabreicht wurden, um ihn zur Tat überreden zu können. Offen ist bis heute, warum einer der Tatbeteiligten die Waffe (gekauft in Bad Waldsee) aus Ravensburg mitbrachte, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst haben soll, am gleichen Tag eine Spielothek zu überfallen? Man sei immer bewaffnet unterwegs, war die Antwort.

Lange Vorstrafenlisten verlas Richter Franz Bernhard vom Brüderpaar. Raub, Diebstahl, Körperverletzung, massiver Drogenhandel. Kaum etwas fehlte. Bei oberschwäbischen Gerichten sind sie gute Bekannte. Beide haben bereits Jahre im Vollzug verbracht. Zwei der Angeklagten sind bislang noch nicht aufgefallen.

Nächster Verhandlungstag ist am 15. August.


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