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Standing Ovations für Ignace Michiels

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Leutkirch / lit - Zum Abschluss der Reihe „Orgelmatinee zur Marktzeit“ hat Ignace Michiels als ein weiterer renommierter Künstler in St. Martin gastiert. Er ist Dozent in Brügge und Gent sowie Gastprofessor in Chicago und hatte seine Programmfolge mit einem Schwerpunkt auf Bearbeitungen angelegt.

Johann Sebastian Bachs Chaconne aus dessen Partita d-Moll für Violine solo stand bei ihrer Entstehung unter dem Eindruck vom Tod seiner ersten Ehefrau Maria Barbara – Bach kam von einer Reise zurück und war zutiefst erschüttert, was in seiner Abwesenheit geschehen war.

Nicht nur für Geiger ist diese Chaconne, außer dass sie formal und spieltechnisch Grenzen sprengt, der Inbegriff von sublimierter Trauer. Es ist schier nicht möglich, diesen „Heiligenschein“ bei einer Übertragung auf Tasteninstrumente zu erhalten. Schon Robert Schumann war mit seiner Klavierfassung eigentlich gescheitert. Die Orgelvorlage von Ulisse Matthey hatte es da nicht leichter.

Brillanz des Vortrags

Dennoch – die Brillanz des Vortrags und die Farbigkeit der Registrierung konnten hier, wie auch in den weiteren, zumeist ganz unbekannten Stücken, begeistern. Von Marco Enrico Bossi das perlende Laufwerk und die hochchromatischen Modulationen (Scherzo op. 49), von Ronald Watson (Fanfare-Toccata u.a.) die sich türmenden Akkordkaskaden mit der ganzen Vielfarbigkeit der St.Matins-Orgel.

Felix Mendelssohn-Bartholdys „Variations sérieuses“ für Klavier hat in unserer Zeit der vielseitige Musicus Reitze Smits aus Utrecht für die Orgel bearbeitet. Seufzende Synkopen bestimmen Mendelssohns Thema über einer choralartigen Akkordfolge. Die 17 Variationen führen vom Stil Beethovens weg hin zu Brahms. Mit Hilfe der Kamera am Orgel-Spieltisch auf der Empore und einer Projektion im Altarraum ließen sich die stupende Fingerfertigkeit des Künstlers und sein leichtfüßiger Pedal-Einsatz verfolgen.

Der blinde Komponist Alfred Hollins hatte die sich anschließende lichtstrahlende Nummer „Song of Sunshine“ überschrieben. Den Abschluss der Matinee bildete vom amerikanisch-belgischen Camil Van Hulse (er hat allerdings 20 Jahre länger gelebt als im Programmheft notiert) der Satz „Finale“ aus seiner „Symphonia Mystica“. Neben allerlei Experimentierfreude kamen darin moderne Elemente zur Geltung wie Jazzanklänge und auch Bezugnahmen auf Filmmusiken. Mit langanhaltendem stehendem Applaus bedankte sich das zahlreich erschienene Publikum beim Gast aus Belgien.


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