Leutkirch / cam - An diesem Freitagmorgen ist an der Grundschule Oberer Graben alles anders. Mitten im Schulhof ein Rettungswagen mit Blaulicht. Sanitäter überall. Zahlreiche Kinder haben dicke Kopfverbände. Ebenso viele Hände und Arme sind mit weißen Binden verarztet. Doch von Adrenalin keine Spur. Die Kinder strahlen, die Lehrer lächeln und auch die Rettungskräfte sind gut drauf.
Alles andere als ein Schreckensszenario ist der landesweite Aktionstag „Helfen macht Schule“, der diesen Freitag an der Leutkircher Grundschule über die Bühne geht – veranstaltet von den Leutkircher Johannitern, zusammen mit Schulsanitätern aus Leutkirch und Kißlegg sowie den Johannitern von der Bereitschaft Kißlegg. Brigitte Geser, die gemeinsam mit Dorothea Hildebrand den Tag organisiert, war 2010 mit der Idee an ihre ehemalige Grundschule herangetreten. Das Projekt wurde ein voller Erfolg. Bereits zum 3. Mal findet die Aktion nun statt. Geser: „Uns geht es darum, dass die Kinder lernen, wo man helfen muss, wie man helfen kann und zu erkennen, wobei man selber Hilfe braucht. Sie sollen sehen: Man muss kein Held sein. Erste Hilfe ist für jeden machbar.“
An zwölf Stationen, verteilt über das ganze Schulgebäude, erfahren die Dritt- und Viertklässler alles rund um dieses Thema. Angefangen vom Umgang mit Patienten, über die stabile Seitenlage bis zur Wunderversorgung und mehr. „Aber die absoluten Renner sind die Rettungswagenbesichtigung und das Rettungswagen basteln“, verrät Dorothea Hildebrand. Und Brigitte Geser ergänzt: „113 Kinder nehmen teil, da bleibt leider nicht viel Zeit an den einzelnen Stationen.
Kräftig rütteln ist angesagt
Wobei manche Sachen sollte jedes Kind mal ausprobiert haben. Zum Beispiel die stabile Seitenlage.“ Diese übt gerade Sanitäter Silvio Paoli mit zwei Schülerinnen. Zaghaft schüttelt Alexandra an der Schulter von Mara, die regungslos auf dem Boden liegt. Alexandra soll feststellen, ob ihre Mitschülerin schläft oder ohnmächtig ist. „Also, ich würde so nicht wach werden. Rüttle ruhig kräftiger.“
Das mit dem Rütteln klappt bei Schüler Timucin schon besser. Vor ihm liegt Tarik auf dem Rücken. Vorsichtig winkelt Timucin das Bein an, hebt den Arm, positioniert Tariks Kopf und rollt den Körper zur Seite. Eine letzte Korrektur der Kopfhaltung. Paoli nickt zufrieden: „Gut gemacht.“ Ein Zimmer weiter zeigen seine Kolleginnen Lisa Gaile und Celina Ansorge, wie man eine blutende Wunde versorgt und Hygienemaßnahmen einhält. Die Schülerin Zeyneb bekommt von Schulkameradin Johanna einem Kopfverband angelegt. Erfahrung im Helfen hat sie selbst schon gesammelt. Zeyneb: „Mein Bruder hatte mal starkes Nasenbluten. Ich habe ihm dann ein Tuch gegeben und getröstet. Dann sind wir alle zum Arzt gefahren.“ Nebenan sitzt Tamine, die erst vor Kurzem Bekanntschaft mit den Sanitätern machen musste: „Im Sommer habe ich mir den Arm gebrochen. Da kam dann ein Rettungswagen.“
Spielerisches Lernen
Doch um den Ernstfall geht es an diesem Tag nicht, sondern um das Spielerische, das Erproben und Entdecken. So wie Schüler Zgjim, der den Rettungswagen auskundschaften und Knöpfe drücken darf. Strahlend springt er aus dem Rettungswagen, den Blick gerichtet zu den Blinklichtern: „Das Blaulicht ist an! Ich habe das Blaulicht angemacht!“