Leutkirch / sl - Die Wunde, die die Schließung der Krankenhäuser in Leutkirch und Isny durch die Oberschwabenklinik (OSK) verursacht hat, schmerzt die Menschen in dieser Region noch immer. Dieser Allgäuer Teil des Landkreises sei zu einer Diaspora geworden, sagt Siegfried Endres aus Leutkirch verbittert.
So empfindet auch Hermann Reisch aus Argenbühl. Bei beiden hatte sich in den vergangenen Monaten aus eigener Betroffenheit viel Unmut über die medizinische Versorgung der Region angestaut. Aus einem Mailverkehr mit der OSK entstand ein Gesprächstermin mit Geschäftsführer Sebastian Wolf Ende vergangener Woche in Ravensburg.
Wolf versprach, den konkreten Fällen, in denen aus Sicht von Endres und Reisch einiges schief gelaufen ist, nachzugehen und Rückmeldung zu geben. Dies geschehe grundsätzlich, wenn sich ein Patient oder Angehöriger über die Beschwerdestelle der OSK melde, versicherte Wolf.
Das Gefühl einer medizinischen Unterversorgung konnte er indes bei seinen Gästen nicht zerstreuen.
Für den Notarztdienst ist der Bereichsausschuss für das Rettungswesen zuständig
Das größte Problem des OSK-Geschäftsführers: die Notfallversorgung, die auf zwei Säulen fußt. Da ist zum einen der Notarzt und zum anderen die Notaufnahme im Krankenhaus. Die OSK aber ist nur für Letzteres verantwortlich, verantwortlich also auch dafür, dass es im württembergischen Allgäu eine Notaufnahme nur noch in Wangen gibt. Für den Notarztdienst ist der Bereichsausschuss für das Rettungswesen zuständig – darauf hat die OSK keinen Einfluss.
Doch diese Trennung der Zuständigkeiten darf in den Augen von Endres und Reisch keine Rolle spielen. Die vorgegebene Hilfsfrist bei Notarzteinsätzen von zehn bis 15 Minuten sei in der Region in vielen Gebieten nicht einzuhalten, kritisiert Endres und nennt als Beispiel die Ortschaft Eisenbach im Kreuzthal. Sein Fazit: "Es kann nicht sein, dass unsere Krankenhäuser kaputtgemacht werden und die Notfallversorgung zurückgefahren wird." Wie schnell der Notarzt beim Patienten ist, daran habe sich durch die Schließung der Häuser in Leutkirch und Isny nichts geändert, wurde Wolf nicht müde zu betonen. Beide Städte seien nach wie vor Notarztstandorte. Auch dass die anschließenden Krankentransportwege zur Notfallaufnahme im Krankenhaus länger geworden sind, mag der OSK-Geschäftsführer nicht so stehen lassen. Denn schon früher sei es in sehr vielen Fällen so gewesen, dass der Patient zur angemessenen Behandlung von Leutkirch oder Isny nach Wangen gebracht wurde.
Gleichwohl gesteht Wolf ein, dass die Anzahl an Patienten, die in die Notfallaufnahme in Wangen kommen, in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen ist. Waren es 2011 noch knapp 1100, registrierte die OSK 2014 annähernd 3300. Entsprechend lange können in Stoßzeiten die Wartezeiten sein. Die OSK habe darauf auch reagiert und die Notfallaufnahme in Wangen personell besser ausgestattet.
Auslastung hat sich erhöht
Gleichzeitig habe sich die Auslastung der OSK-Häuser in Ravensburg, Bad Waldsee und Wangen erhöht, so Wolf. Das Elisabethen-Krankenhaus in Ravensburg sei mit einer Auslastung von 91 Prozent "voll bis unters Dach", auch Bad Waldsee liege über 90 Prozent, Wangen, wo es ab 2016 21 zusätzliche Betten geben wird, bei knapp unter 85 Prozent.
Zahlen, die bei Endres und Reisch die für sie naheliegende Frage aufkommen ließen: "Warum hat man dann Leutkirch und Isny geschlossen?" "Weil wir für solche kleinen Häuser nicht die guten Leute bekommen haben und daher nicht das gesamte medizinische Spektrum anbieten konnten", antwortete Wolf. "Weil die OSK unter Frau Harrison zuvor diese kleinen Häuser kaputtgespart hat", so die Gegenantwort von Endres und Reisch.
Bitter stoßen ihnen in diesem Zusammenhang auch die jüngsten Maßnahmen der Oberschwabenklinik auf: die Millioneninvestitionen in das Ravensburger EK und das (letztlich erfolglose) Millionenangebot der OSK für das finanziell angeschlagene 14-Nothelfer-Haus in Weingarten. Gleichzeitig sei es nicht offenbar nicht möglich, für den Notarztstandort Leutkirch wenigstens einen zweiten Krankentransporter zu beschaffen.
"Es ist nachvollziehbar, dass der Allgäuer so denkt", gestand Wolf ein. Die eindringliche Bitte seiner beiden Allgäuer Gäste, sich doch wenigstens über seine Verbindungen gleichsam auf dem kurzen Dienstweg für diesen zweiten Transporter einzusetzen, ließ er unkommentiert.
So honorierten zwar die beiden Allgäuer, dass sich Wolf fast zwei Stunden Zeit für sie genommen hatte, mussten aber trotzdem mit leeren Händen und entsprechend ernüchtert nach Hause fahren.