Quantcast
Channel: Schwäbische: Feeds: Trossingen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 8808

Die Kunstschule hat eine neue Heimat im Leprosenhaus

$
0
0

Leutkirch / kam - Auf großes Interesse ist gestern der Tag der Offenen Tür im früheren Leprosenhaus an der Memminger Straße gestoßen. Mehr als 60 Personen beteiligten sich gleich zu Beginn am späten Vormittag an Führungen durch das historische Gebäude, das von der Heimatpflege grundlegend saniert worden ist. Jetzt ist die Kunstschule Sauterleute eingezogen. Bis zum frühen Nachmittag besichtigten einige hundert Menschen das Haus.

Die Baugeschichte des Hauses ist in einem eigenen Raum dokumentiert. Außerdem hat die Heimatpflege ein kleines "Otl-Aicher-Depot" mit Design-Stücken und Plakaten des Grafikers und Designers aus Rotis eingerichtet. Möbel und Einrichtungsgegenstände des legendären Designers sind dort zu sehen – und auch eine Rarität, die dokumentiert, dass es die Stadt nicht immer leicht hatte mit dem eigenwilligen Kreativen aus Rotis.

In den siebziger Jahren hatte Otl Aicher für den Sitzungssaal im neuen Verwaltungsgebäude eine großformatige Grafik im typischen Aicher-Stil entworfen. Eine stilisierte Stadtansicht, die er der Kommune schenken wollte. Doch der Gemeinderat schlug das Geschenk aus. Eine aus heutiger Sicht kaum mehr verständliche Entscheidung. Nun ist wenigstens der Entwurf im Leprosenhaus zu sehen - Dokument einer verpassten Chance.

"Nach gut einem Jahr ist vom Bau her nun der erste Abschnitt der Sanierung fertig", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Heimatpflege, Peter Feuerstein. Mit einem Team der Heimatpflege leitete Feuerstein die Sanierung des Hauses. Gestern stieß er mit Elisabeth Sauterleute, Leiterin der Kunstschule auf den vorläufigen Abschluss des der Sanierung an.

Etwa 85 000 Euro hat der rührige Verein nach Auskunft seines Kassiers Rudi Dentler in das denkmalgeschützte Gebäude gesteckt, weitere 30 000 Euro in Form von Eigenleistungen. Die Heimatpflege hatte das Gebäude in Erbpacht von der Stadt übernommen, um es vor dem Abriss zu bewahren. Georg Zimmer, Architekt und früherer Baubürgermeister Leutkirchs, seit vielen Jahren Vorsitzender der Heimatpflege, erläuterte die Baugeschichte des 30 Meter langen Hauses.

Rückzugsort für Aussätzige

Bis 1818 stand neben dem Leprosenhaus die St.-Leonhardskirche, das Haus war umgeben von einem Gottesacker. Den Abbruch der Kirche 1818 bezeichnete Zimmer als "Beitrag des Königreichs Württemberg zur Geschichte des Leprosenhauses". Hier war der Rückzugsort für Aussätzige, später für andere an ansteckenden Krankheiten leidende Menschen und für Verarmte. Noch lange brachte die Stadt Leutkirch in dem Haus Menschen ohne Obdach unter, dann folgten Jahre des Leerstands und der Verwahrlosung.

Jetzt ist das Leprosenhaus die neue Heimat der Kunstschule Sauterleute. Sie zeigte bei dieser Gelegenheit einen brandneuen Imagefilm, den zwei ehemalige Schüler gedreht haben. Mit großer Freude führte Elisabeth Sauterleute die vielen Besucher durch das Atelier, den Farbenraum und die Werkstatt, die die Kunstschule eingerichtet hat. Die Schule eröffnet Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Zugang zu künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten.

Sie begleitet angehende Kunststudenten in der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung zu den Akademien. Und sie geht immer wieder Kooperationen mit Schulen und Kindergärten ein. Drei Isnyer Kindergärten, die Schule am Adenauerplatz und eine Grundschule in Bad Wurzach arbeiten derzeit mit der Leutkircher Kunstschule zusammen.

Elisabeth Sauterleute verfolgt eine freie Kunstpädagogik und fühlt sich einem sozial-integrativen Ansatz verpflichtet. Jugendliche mit Handicap, sozial Benachteiligte und Flüchtlinge aus Schwarzafrika finden hier gemeinsam mit den Schülern Freude an kreativer Betätigung – und Anschluss. Und mit einem neuen Projekt unterstützt die Kunstschule die Kenia-Ambulanzhilfe, die sich an der kenianisch-somalischen Grenze um Straßenkinder kümmert.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 8808