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Bahnsteigmodernisierung bleibt auf der Agenda

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Leutkirch / sz - Bahnsteigmodernisierung – ja oder nein? Sollen die jahrelangen Planungen in Richtung Barrierefreiheit fortgeführt oder abgebrochen werden, nachdem sich die Förderbedingungen durch das Land entscheidend verändert haben? Es war eine grundsätzliche Abwägung, mit der sich der Leutkircher Gemeinderat am Montagabend zu beschäftigen hatte. Trotz aller Bedenken und trotz des zu erwartenden Kostenrisikos bei der Realisierung fiel das Votum schließlich einstimmig aus: Das Vorhaben soll weiter verfolgt werden.

Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen, E-Bike-Fahrer, ältere oder gehbehinderte Menschen klagen seit langem: Der Einstieg in die Waggons am Leutkircher Bahnhof ist eine Kletterpartie und für viele kaum zu schaffen. Die Hoffnung auf die versprochene Bahnsteigerhöhung und einen barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen wuchs, als Leutkirch im Jahr 2009 ins Bahnhofsmodernisierungsprogramm des Landes und der Deutschen Bahn aufgenommen wurde. Das Programm sah vor, dass die zuwendungsfähigen Baukosten der Infrastrukturmaßnahmen zu 75 Prozent aus Mitteln des Landes und zu 25 Prozent durch die jeweilige Kommune finanziert werden.

Mittlerweile allerdings hat das Land die Förderbedingungen verändert: Die Baukosten werden nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) mit einer Festbetragsfinanzierung von maximal 75 Prozent auf der Grundlage des Förderantrags unterstützt. Das Kostenrisiko aus der Realisierung des Vorhabens liege demzufolge "alleine bei der Stadt", heißt es in der Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung. Ein Risiko, das schwer kalkulierbar ist: Schon im bisherigen Planungszeitraum von sechs Jahren haben sich die Baukosten für das Projekt von 1,222 auf geschätzte 3,629 Millionen verdreifacht. Rechnet man die bisherigen Planungskosten hinzu, so ergeben sich Gesamtkosten, die 2009 auf 3,629 Millionen geschätzt wurden, 2015 hingegen mit 4,427 Euro beziffert werden. Die veränderten Finanzierungsmodalitäten haben nach Darstellung der Stadtverwaltung zur Folge, "dass Kostenerhöhungen aus der Realisierung nicht förderfähig und damit allein von der Stadt zu finanzieren sind".

"Das Projekt ist für uns sehr wichtig", machte Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle klar, auch wenn er sich von der Änderung der Förderbedingungen und ein entsprechendes Schreiben von Verkehrsminister Winfried Hermann "sehr enttäuscht" zeigte.

235000 Euro Planungskosten

Um den Gemeinderat umfassend zu informieren, rechnete Bürgermeister Martin Bendel die aktuelle Kostensituation explizit vor und gab als vorläufige Bewertung zu bedenken: Sollte das Vorhaben abgebrochen werden, hätte die Stadt zwar 235000 Euro Planungskosten vergebens aufgewendet, gehe aber kein weiteres finanzielles Risiko ein. Der Bahnhof werde aber nicht modernisiert und vor allem nicht barrierefrei. Noch, machte die Rathausspitze klar, gehe es nicht um einen Vertragsabschluss, sondern um den Auftrag an die Deutsche Bahn, den Antrag nach dem LGVFG einzureichen.

Vor diesem Hintergrund sollte der Gemeinderat nicht nur über die finanzielle Entwicklung informiert werden – mit Eberhard Wittig und Volker Memmler stellten zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn die geplanten Modernisierungen auch in baulicher Hinsicht vor. Demnach sieht das mit der Nahverkehrsgesellschaft des Landes Baden-Württemberg (NVBW) und der Bayerischen Eisenbahngesellschafft (BEG) abgestimmte Betriebskonzept für die Strecke Memmingen-Lindau vor, dass Leutkirch weiterhin als Kreuzungsbahnhof zur Verfügung stehen und deshalb über zwei Bahnsteigkanten verfügen muss.

Nach Darstellung von Projektleiter Volker Memmler ist neben dem Neubau des Hausbahnsteigs am Gleis 1 mit einer Systemhöhe von künftig 55 Zentimetern (bisher 30 bis 35 Zentimeter) über Schienenoberkante und einer Länge von 170 Metern der Bau eines neuen Außenbahnsteigs am Gleis 3 mit ebenfalls 55 Zentimetern Höhe und 170 Metern Länge geplant. Verbunden werden die beiden Gleise durch eine Unterführung mit Treppen und barrierefreiem Zugang durch einen Aufzug in Stahl-Glas-Konstruktion. Der Zwischenbahnsteig 2 wird nach Fertigstellung der neuen Gleisanlage zurückgebaut, außerdem sollen die Beleuchtung erneuert, die Wände mit einem Graffitischutzboard versehen und Schnittstellen zum Omnibusbahnhof geschaffen werden. Beginnen will die Deutsche Bahn mit vorbereitenden Arbeiten bereits Anfang 2016, die Fertigstellung ist für Ende 2018 geplant, rechnete Memmler vor und ergänzte: "Wir wollen mit unserer Maßnahme fertig sein, bevor die Elektrifizierung anläuft."


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