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Wenn Astronauten am Christbaum hängen

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Leutkirch / sz - Glaskugeln gehören zu Weihnachten – auch für Stefan Michaelis. Doch obwohl der Glasbläser aus Schmidsfelden bereits unzählige Glaskugeln gefertigt hat, gebe es nur eine Weihnachtskugel in seinem Sortiment.

Eine besondere, wie er sagt. 1986 war es, in seiner Lehrzeit, als Michaelis’ Meister in die Werkstatt kam und eine spezielle Glaskugel zeigte. "Er hatte den Auftrag bekommen, eine Glaskugel zu machen, in die man ein Teelicht stellen kann", erinnert sich Michaelis. Eine tolle Idee, die den jungen Glasbläser-Lehrling faszinierte. Er selbst fing an zu tüfteln, zu überlegen, auszuprobieren. Er wollte eine eigene, andere Kugel machen. Mit Erfolg. "Ich habe mir gedacht, wie bekomme ich das Loch in die Kugel", erzählt Michaelis. Als seine Kugel schließlich von einem anderen Lehrer begutachtet wurde, sagte der zu ihm: "Die sieht aus wie ein Astronaut." Wie ein Helm, mit einem großen Guckloch. "So kam meine Kugel zu ihrem Namen", so der Glasbläser.

"Die Kugel ist ein verrücktes Produkt"

Tausende Astronauten habe er seither produziert und verkauft – immer aus dem selben Glas, immer mit der gleichen Technik. "Die Kugel ist ein verrücktes Produkt", fährt Michaelis fort. Hergestellt wird sie in wenigen Minuten. Ausgangsprodukt sei ein Glasrohr, das in verschiedene Abschnitte unterteit wird, das sogenannte Spitzen ziehen. "Aus jeder Doppelspitze mache ich zwei Kugeln", sagt Michaelis. Die Doppelspitze werde getrennt, auseinandergeschmolzen, dann am Tischbrenner bei 2000 bis 2500 Grad erwärmt. "Das Glas hat etwa 1200 Grad, wenn es bearbeitet wird", so Michaelis weiter.

Danach wird die Kugel aufgeblasen. Das Schwierige daran: "Das Glas muss in der Flamme perfekt gleichmäßig ringsherum erwärmt werden. Denn wenn die Kugel an einer Stelle heißer ist, bläst sie sich dort mehr auf und wird nicht gleichmäßig rund", sagt Michaelis. Nachdem der Astronaut abgekühlt ist, wird das Ende zugeschmolzen. Bei kleiner Flamme werde dann die Kugel punktuell erwärmt. Weil sich dabei die Luft ausdehnt, kommt es zu einem kleinen Knall – und einer kleinen Öffnung in der Kugel. "Nun muss das Loch vergrößert werden. Das macht es von allein, es muss nur gleichmäßig erwärmt werden", sagt Michaelis. Danach werde der Öffnungsrand kurz glattgestrichen, dann ist die Kugel fertig. "Zum Schluss wird der Haken geformt und ein Sicherheitsring aus Metall angebracht", so Michaelis weiter. Auch das kleine Glastöpfchen für das Teelicht mache er von Hand, alles aus feuerfestem Jenaer Glas.

"Die Kugel ist ziemlich robust. Man könnte sie sogar in die Spülmaschine legen", sagt Michaelis. Sein Tipp für eine dauerhaft schöne, glänzende Kugel: "Beim Ausblasen des Teelichts den Rauch immer ganz aus der Kugel blasen." Die Astronauten hängen auch an seinem Weihnachtsbaum, fährt Michaelis fort. "Weil Äste nie über die Flamme kommen können, ist die Kugel eine sichere Variante für echtes Kerzenlicht am Weihnachtsbaum", sagt der Glasbläser.

Dass seine Weihnachtskugeln sehr gut ankommen, hat Michaelis auch in diesem Jahr gemerkt. Weil die Glashütte in Schmidsfelden über die Wintermonate geschlossen ist, besucht er in dieser Zeit die Weihnachtsmärkte in Lindau und Kempten. "In diesem Jahr hatte ich anfangs keine Astronauten dabei, die Leute haben aber immer wieder danach gefragt", sagt Michaelis. Glas gehöre einfach zu Weihnachten, weil es so schön glitzert und funkelt.


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