Leutkirch / sz - Vorübergehend hatte Eugen Hoh, der Rektor des Leutkircher Hans-Multscher-Gymnasiums, am Montagabend im Leutkircher Gemeinderat das Sagen. Er sollte erläutern, weshalb es für die Schullandschaft der Stadt so wichtig ist, am HMG ein für das ganze Land interessantes Pilotprojekt mit dem Arbeitstitel Lern³ einzuführen. Das Gremium folgte dem Werben, wenn auch mit Vorbehalten. Denn die damit verbundenen Umbauten werden Geld kosten. Noch aber gibt es dafür in der mittelfristigen Finanzplanung der Stadt keinen Haushaltsposten.
Schon in seiner Haushaltsrede im Herbst vergangenen Jahres hatte Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle das Projekt stark herausgestrichen. Im Kern geht es darum, am HMG bis zur Stufe zehn Zug um Zug neue Unterrichtskonzepte umzusetzen. Großraum anstatt klassische Klassenzimmer. Eigenständiges Lernen in viel größerem Ausmaß als bislang. Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler bewegen sich in einer gemeinsamen Arbeits- und Lernlandschaft. Pädagogen halten davon viel, aber die räumlichen Voraussetzungen in der jetzigen Gebäudestruktur des HMG fehlen.
HMG ist stark vertreten
Die zahlenmäßig starke Zuhörerschaft aus den Reihen des HMG zeigte, wie sehr sich insbesondere das Kollegium mit der Zukunft der Schule auseinandersetzt. Dabei hat es nach Informationen der Schwäbischen Zeitung in den Reihen des Personals nicht nur vorbehaltlose Befürworter gegeben, als eine Arbeitsgruppe sich um das Kleingedruckte dieser Bildungsreform zu kümmern begann. Auch der Gemeinderat konnte bis zuletzt nicht zur Gänze überzeugt werden. Drei Gegenstimmen und eine Enthaltung aus den Reihen der CDU waren auch am Montagabend ein Beleg dafür. Zudem wies Walter Braun (Freie Wähler) mehrfach darauf hin, dass ein endgültiges Ja zu der Reform erst dann erfolgen könne, wenn die Stadtverwaltung die Finanzierung gesichert habe. Hans-Jörg Henle spielte die Vorlage zurück. Natürlich sei es Sache des Gremiums, bei den anstehenden Beratungen für die kommenden Jahre die Mittel zu bewilligen.
Denn Lern³ wird deutlich teurer, als es noch zu Beginn der ersten Beratungen im Juni 2014 ausgesehen hatte. Nachdem mehrere Varianten genauer untersucht worden sind, dazu zählen auch die Beobachtungen aus Exkursionen, ist die Reform nicht nonchalant aus der Portokosse des HMG oder der Stadt zu finanzieren. Die Kosten für die verschiedenen Bauabschnitte – unter anderem soll der jetzige ContainerTrakt durch einen Neubau ersetzt werden – summieren sich zu der erklecklichen Summe in Höhe von 3,5 Millionen Euro. "Das ist eine enorm große Hausnummer", gab auch Hans-Jörg Henle zu.
Nun steht die Stadt als Schulträger nicht alleine da. Verbindliche Zusagen existieren zwar noch nicht, nach Angaben des Regierungspräsidiums Tübingen aber kann die Stadt nach derzeitigem Stand mit gut 1,6 Millionen aus dem Landeshaushalt rechnen. Das große Einzugsgebiet des HMG spielt dabei auch eine Rolle, um an die nötigen Fördertöpfe zu gelangen.
Und dann gibt es ja auch noch die Firma Elobau und deren Chef Michael Hetzer, der sehr früh das Projekt mit Zusagen unterstützt hat. 100000 Euro waren es zu Beginn der Diskussionen. Am Montagabend war Hetzer bei der Debatte im Gemeinderat zwar nicht dabei. Doch alle Fraktionen zollten ihm grundsätzlich großes Lob dafür, dass sich das Unternehmen als Privatsponsor mit bis zu 750000 Euro an Lern³ beteiligen will. Rund 1,2 Millionen Euro, je nach Zeitpunkt der Umsetzung, bleiben dennoch bei der Stadt. "Falls es zur Zustimmung dieser Baumaßnahme kommt, muss ein Verzicht oder Verschiebung anderer Baumaßnahmen in der derzeitigen Finanzplanung erfolgen oder eine zusätzliche Einnahmequelle geschaffen werden." So stand es in der dem Gemeinderat vorgelegten Sitzungsvorlage. Eine Möglichkeit sei, auch über den Verkauf von Grundstücken sich Geld zu verschaffen.
Henle aber ging es während der Sitzung nicht nur um schnöde Zahlen. Er sicherte zu, dass eine umfassende Beteiligung insbesondere auch der Elternschaft vorbereitet werde. Außerdem sei klar, dass nach der ersten Phase auch eine Evaluierung des pädagogischen Prinzips fällig sei.
Der Umbau zur Vorzeigeschule im Land soll ohne negative Folgen für den Lehrbetrieb erfolgen. Auch das ist Bestandteil des jetzt vorliegenden Grundsatzbeschlusses.