Leutkirch / Nacht- - Naherholungsgebiet, (Nacht-)Loipe, Festplatz, grüne Lunge: Es gibt mancherlei Etiketten, mit denen sich Leutkirchs höchster Punkt, die Wilhelmshöhe, versehen lässt. Ein weiteres könnte hinzukommen: Baugebiet. Denn der Vorentwurf zum neuen Flächennutzungsplan enthält die Allmandstraße-Süd als möglichen Standort für eine Reihe von Einfamilienhäusern. Was vielen Leutkirchern unvorstellbar erscheint, hat auch eine Gruppe von Anwohnern auf den Plan gerufen. Seit Monaten informieren sie über ihr Anliegen und haben, wie berichtet, auch im Kommunalwahlkampf im Frühjahr bei zahlreichen Veranstaltungen Stellung bezogen. „Wehret den Anfängen“ – so lässt sich ihre Botschaft kurz zusammenfassen.
Alle Anlieger, sagen ihre Vertreter Kurt Sichler, Fabian Weilandt, Michael Klotz und Joachim Rogosch, befürchten, dass wirtschaftliche Überlegungen dem Gemeinderat ein Baugebiet im südlichen Teil der Allmandstraße schmackhaft machen könnten. Grundstückserlöse als finanzielle Reserve tun jedem Stadtsäckel gut, und bekanntlich gibt es auch unter den Leutkircher Gemeinderäten einige Befürworter solcher Verkäufe. Zumindest eine Reihe von Einfamilienhäusern kann sich der eine oder andere von ihnen durchaus vorstellen. Mit dem Erlös, so die Argumente, könnten andere Aufgaben der Stadt finanziert werden. Derzeit liegt der Entwurf des neuen Flächennutzungsplans noch bei den Trägern öffentlicher Belange zur Stellungnahme aus, danach hat der Gemeinderat das Wort.
Die Anwohner bezweifeln, dass es im Falle eines Falles bei einer Häuserreihe bleibt, ihre Sorge gilt „dem Berg“ insgesamt. Rote Herzen, aufgestellt entlang der Allmandstraße, bekennen: „Ein Herz für die Wilhelmshöhe“. Gemeint ist: Ein Herz für eine Wilhelmshöhe ohne Häuser. So wie bisher. Seit mehr als 30 Jahren bereits ist die Stadt im Besitz des einstigen landwirtschaftlichen Geländes. 1977 hat man Grund und Boden vom Bauern Georg Krug abgekauft, wenig später legte ein Gemeinderatsbeschluss fest, dass das Gebiet „grüne Lunge“ bleiben soll, erinnert sich die langjährige Stadträtin Hedwig Seidel-Lerch.
Zwar kam das Bauen an der Wilhelmshöhe immer einmal wieder zur Sprache, und am Zeisigweg entstand schließlich auch ein neues Wohngebiet. In der Allmandstraße allerdings haben sich alle früheren Gemeinderäte an den entsprechenden Beschluss gehalten. „Auch die Erschließungs- und Sanierungsmaßnahme 2002/2003 wurde so ausgeführt, dass eine Bebauung der Südseite auch für die Zukunft keine Option darstellte“, macht Kurt Sichler deutlich. So seien damals zwar Gas- und Wasserleitungen verlegt worden, aber kein Abwasserkanal. Stattdessen gebe es jetzt einen südseitigen Entwässerungsgraben, der die Siedlung vor Starkregen von der Wilhelmshöhe schützt, den Baumbestand sichert - und die Siedlung abschließt.
Ein Umstand, der nach Ansicht Sichlers und der anderen Anlieger das Argument entkräftet, aufgrund vorhandener Infrastruktur könne ein neues Baugebiet relativ kostengünstig erschlossen werden: „Da kämen große Belastungen auf die möglichen Bauinteressenten zu.“ Die Straße müsste erneut aufgerissen und eine Kanalisation verlegt werden. Für die damalige Erschließung seien die Anlieger der Allmandstraße Nord mit 90 Prozent der Gesamtkosten zur Kasse gebeten worden, was pro Grundstück durchschnittlich etwa 10000 Euro ausgemacht habe, rechnet Sichler vor. Der als Ausgleich für diese „damals sehr hohen Kosten“ versprach die Stadt den Bau eines Rad- und Fußwegs, der allerdings bis heute nicht verwirklicht wurde.
Ideen und Visionen entwickeln
Die Bürger rufen dazu auf, „Ideen und Visionen“ für die Wilhelmshöhe zu entwickeln: „Der Platz schreit förmlich danach.“ Kinderspielplatz, Aufwertung als Parkanlage, Ort für Jazz-Frühschoppen oder Gottesdienst unter freiem Himmel sind nur einige der Vorschläge. „Wir haben in der Stadt keinen Park“, sagt Hedwig Seidel-Lerch. Wohl aber andere städtische Baugrundstücke: 4,8 Hektar im Ströhlerweg, 0,5 Hektar im Nibelweg und die acht Hektar, die derzeit in der Isnyer Siedlung bebaut werden.
Die Wilhelmshöhe dagegen sollte tabu bleiben, finden die Anwohner der Allmandstraße und spüren dabei Rückendeckung von vielen Bürgern. „Es geht ja nicht um ein paar Häusle, es geht um eine neue Siedlung“, fasst Kurt Sichler die Bedenken zusammen. „Denn wenn erst mal eine Reihe steht, dann folgen bald eine zweite und dritte. Die Erschließung muss sich ja lohnen.“