Leutkirch / win - Gemeinschaftliches Bauen und Wohnen – das steht bei der Projektgruppe Marienhof im Vordergrund. Sechs Familien haben sich darin zusammengeschlossen, um gemeinsam ihren Traum vom Einfamilienhaus zu verwirklichen.
Angefangen hatte alles 2008. Weil Architekt Edwin Heinz jeden morgen am alten, mittlerweile abgerissenen, Marienhof vorbeifährt, kam ihm die Idee. „Ich habe täglich gesehen, wie das alte Gebäude verfällt und mir gedacht, da könnte man etwas machen“, sagt Heinz. Er kreierte einige Skizzen und brachte sie Stadtplaner Claudio Uptmoor. Daraufhin wurden die Pläne im technischen Ausschuss vorgestellt. Das Projekt nahm seinen Lauf.
„Bis irgendwann Leutkircher Bauträger davon Wind bekommen haben“, fährt Heinz fort. Da sie sich bei der Stadt gemeldet hatten, wurde der Marienhof öffentlich ausgeschrieben. „Die Bauträger gaben dann ebenfalls Vorschläge ab. Der Stadtrat beschloss aber, dass wir dort bauen dürfen“, erklärt Heinz. Er sprach Leute an, ob sie der Projektgruppe beitreten möchten, und schaltete drei Anzeigen in der SZ. „Nun sind wir sechs Familien, die das Bauprojekt gemeinsam stemmen“, so Heinz. Im Frühjahr 2013 meldete er der Stadt, dass die Projektgruppe vollständig sei. Der Bauantrag wurde im Juli eingereicht. „Im Dezember gab es dann Probleme, weil das Landratsamt Bedenken äußerte, dass mit unserem Projekt ein Präzedenzfall geschaffen wird“, sagt Heinz. „Es befürchtete, dass weitere Leute kommen würden, die einen Bauernhof abreißen und mit Wohnhäusern ergänzen möchten“, fährt er fort. Außerdem lag der Marienhof im Außenbereich.
Alle Häuser sehen ähnlich aus
Weil die Stadt im Januar den Flächennutzungsplan des neuen Baugebiets Beim Marienhof erweitert hatte, stand dem Projekt schließlich nichts mehr im Weg. Die Baugenehmigung folgte am 22. April. Dann ging es los. Die freistehenden Einfamilienhäuser in Passivhaus-Bauweise sind zwischen 150 und 180 Quadratmeter groß.
Das besondere daran: Alle sehen ähnlich aus. „Es war mir wichtig, dass die Häuser von der Gestaltung her zusammen passen“, sagt Heinz. Energetisch seien die Häuser ebenfalls auf einem hohen Stand. Sie werden mit einer Wärmepumpe beheizt, Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach montiert.
Das schöne am Projekt Marienhof sei, dass jeder Bauherr weiß, was um ihn herum passiert. Auch die Kosten reduzierten sich, wenn man gemeinsam baue. Heinz nennt ein Beispiel: „Wir brauchen für unsere sechs Häuser nur zwei Baukräne.“ Bei Handwerkern gebe es Objektrabatt. „Denn sie erhalten mehrere Aufträge.“ Neben den Einfamilienhäusern soll eine Mietwohnung entstehen – auf dem Stall des alten Marienhofs. „Der Stall soll so hergerichtet werden, dass man sieht, dass er ein Teil des alten Marienhofs ist“, so Heinz. Fördergelder gebe es nicht dafür.
In einem Vertrag haben alle Projektmitglieder geregelt, dass die Häuser ähnlich aussehen sollen, es keine Zäune geben wird und die Wiese durchläuft. Drei Häuser stehen bereits. Die ersten Familien wollen am Jahresende einziehen. „Als letztes wird der Stall mit dem Aufbau gemacht“, sagt Heinz.
Insgesamt ist der Architekt, der selbst ein Haus beziehen wird, stolz auf das Modellprojekt: „Eine gute Nachbarschaft ist das, was alle wollen. Wir haben sie, denn durch das gemeinsame Bauen lernen wir uns besser kennen.“