Leutkirch / win - Immer wieder habe ich mir vorgenommen, diesen Schritt zu gehen. Diesen kleinen Schritt, der Leben rettet. Am Sonntag war es nun soweit. Kurz nach 11 Uhr reihe ich mich in die kleine Schlange ein, die sich bereits vor der Leutkircher Festhalle gebildet hat. Viele Bürger sind gekommen, um sich für den siebenjährigen, an Leukämie erkrankten, Laurin und andere Blutkrebspatienten typisieren zu lassen.
Kurze Zeit später stehe ich im Foyer der Festhalle. Das Warten geht schnell vorbei. Die Anspannung steigt. An der ersten Station angekommen, werde ich von Bernd Heuser begrüßt. Er fragt mich nach Vorerkrankungen. „Hab’ ich keine“, antworte ich. Dann geht es los. Er möchte meinen Namen, meine Größe, mein Gewicht, meine Anschrift und meine Telefonnummer wissen. Sorgfältig trägt er meine Daten in ein von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) vorgefertigtes Formular ein.
Ich werde gebeten, die Einverständniserklärung zweimal zu unterschreiben. „Mit der einen Unterschrift willigen Sie ein, dass Ihnen Blut abgenommen werden darf, mit der anderen, dass Ihre Daten gespeichert werden dürfen“, erklärt Heuser. Er greift nach einem kleinen Röhrchen und klebt einen Aufkleber darauf. Dieser hat den gleichen Strichcode und die gleiche achtstellige Nummer wie auf meiner Einverständniserklärung abgedruckt ist. „So können wir beides, die Daten und Ihr Blut, Ihnen zuordnen“, sagt Heuser.
Die Leute werden immer mehr
An insgesamt 20 Tischen nehmen jeweils zwei ehrenamtliche Helfer die Daten der Spender auf. Die Bürger sind glücklich, dabei zu sein. „Es ist toll, dass so viele gekommen sind. Ich spende gerne, denn ich wäre auch froh, wenn mir jemand helfen würde“, sagt ein junger Mann hinter mir. Die Leute werden immer mehr.
Die Helfer nehmen sich für jeden ausreichend Zeit. Auch Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle ist vor Ort. Er ist der Schirmherr der Aktion. „In der ersten Stunde waren schon 500 Spender da“, sagt Heinke Scholdei-Taut von der DKMS. Die Aktion laufe toll. „Es ist alles super organisiert“, fährt sie fort.
An der zweiten Station, auf der Bühne der Festhalle, werden die Zahlen auf dem Röhrchen und meiner Einverständniserklärung nochmals überprüft. Andreas Christ fragt mich, ob ich Geld Spenden möchte. „Sie müssen aber nicht“, sagt er. Ich möchte aber. Denn jede Typisierung kostet 50 Euro. Geld, das hauptsächlich für die Untersuchung der Gewebemerkmale im Labor, aber auch für das Blutabnahmematerial verwendet wird. Und Geld, dass dringend für weitere Typisierungsaktionen benötigt wird. Auf dem Weg zur Blutabnahme werde ich langsam nervös. Ich mag keine Spritzen, und vor dem Blutabnehmen habe ich generell Angst.
Ich werde gefragt, ob ich sitzen oder liegen möchte. Ich entscheide mich fürs Sitzen. Angelina Leinmüller bittet mich freundlich Platz zu nehmen. Ich ziehe meine Jacke aus, stülpe meinen Pullover zurück und lege meinen Arm auf einen weißen Schaumstoffkeil. Kleine Schweißperlen glänzen auf meiner Stirn. Mein Herz pocht. „Ich mache das, um Leben zu retten“, sage ich mir und halte tapfer durch.
„Bitte die Hand zu einer Faust machen“
Leinmüller legt einen roten Stauschlauch an. „Bitte die Hand zu einer Faust machen“, sagt sie. Dann wird die Kanüle an meiner Armvene angesetzt. Ein kleiner Pieks und das Röhrchen ist voll, voll mit meinem dunkelroten Blut. Fünf Milliliter wurden abgezapft. Danach muss ich einen Tupfer auf die Vene drücken. Dann wird ein Pflaster aufgeklebt. „Geht’s ihnen gut?“, fragt Leinmüller. „Ja, alles bestens. Das war gar nicht schlimm“, sage ich. An den Tischen nebenan zapfen 19 weitere Helfer Blut ab. Im Akkord setzen sie die Kanülen an. Die Ärzte Philipp Künst und Brigitte Schuler-Kuon sind stets dabei. Manchmal, bei kritischen Fällen, legen sie sogar selbst Hand an. Leinmüller drückt mir das Röhrchen in die Hand. Es fühlt sich warm an.
Ich bin glücklich. Ich habe es geschafft. Und es war so einfach. Gemeinsam mit der Einverständniserklärung gebe ich meine Spende ab. Sven Stöckle überprüft ein letztes Mal die Nummern, dann kassiert er das Röhrchen ein. In acht bis zwölf Wochen werde ich eine Spendercard erhalten, sagt er. Meine persönliche Spendernummer habe ich schon. Etwa 15 Minuten dauerte die ganze Aktion. Nun zähle ich zu den 24,5 Millionen Spendern auf der ganzen Welt und hoffe, dass ich irgendwann helfen kann. Insgesamt kommen am Sonntag 1640Spender in die Festhalle. „Wir sind sehr zufrieden mit diesem Ergebnis“, sagt Heinke Scholdei-Taut. Etwa 25000 Euro an Geldspenden, darunter auch die Einnahmen des Kuchen-, Essens- und Getränkeverkaufs, kommen ebenfalls zusammen. Außerdem 4000 Euro, die von den Spendern per EC-Karte bezahlt wurden und ein Check des Altstadt-Sommerfestival-Vereins in Höhe von 5167,52 Euro.
Wer übrigens keine Zeit hatte, bei der Typisierungsaktion in der Festhalle dabei zu sein, kann sich im Internet, auf der Homepage der DKMS, Typisierungsmaterial nach Hause bestellen. Mit Hilfe von zwei Wattestäbchen wird dabei ein Abstrich der Wangenschleimhaut gemacht. Ein kleiner Aufwand, der sich wirklich lohnt.